12.01.21 – Innovative Simulationssoftware
Faserverstärkte Kunststoffe automatisiert flechten
Mit einer neuen Simulationssoftware können komplex geformte Bauteile bald in einer digitalen Prozesskette automatisiert hergestellt werden.
Die Situation
Für die Industrie sind komplex geformte Bauteile aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK), zum Beispiel Knotenstrukturen für Autokarosserien oder Flugzeugbau, von großem Interesse. Ein dafür etabliertes Herstellungsverfahren ist das Umflechten von Kernen mit Radial- oder Axialflechtmaschinen. Durch die Verwendung von Stehfäden wird das Geflecht strukturell verstärkt. Um hochfeste FVK-Bauteile so zu produzieren, dass sie ihre finale Kontur bereits durch die Geflechtsbildung erhalten, braucht es jedoch die richtigen Stehfadenspannungen.
Das Projekt
Im Projekt wurde eine zuverlässige und genau arbeitende Stehfadenspannungseinheit entwickelt, die bei allen Anwendungen funktioniert, in denen Fadenspannungen eingestellt und lange gehalten werden müssen. Die Spannungseinstellung z. B. für eine Radial-Flechtmaschine konnte für jeden einzelnen der 72 Stehfäden über Schrittmotoren, eine industrielle SPS-Steuerung und die eigens entwickelte Software “OptiBraid“ realisiert werden. Weiterhin sorgt eine neue Prozesssimulation, die einerseits mittels kommerziell erhältlicher Finite-Elemente-(FE) Berechnungssoftware andererseits durch die selbst entwickelte Flechtsimulations-Software „Fast Analytical Virtual Braiding“ erfolgte, für individuelle Geflechte. Mit deren Hilfe wurde die Berechnungszeit für Beispielgeflechte trotz ihrer Komplexität kürzer, als die reale Herstellungsdauer.
In einem anschließenden ZIM-Projekt (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand - eine Fördervariante des BMWi) sollen noch fehlende Voraussetzungen für die endgültige Simulation der geplanten Bauteile aus (Triaxial-)Geflechten entwickelt werden. Im Vorhaben entstand weiterhin ein Prüfverfahren, das die Reibung zwischen den Fäden für unterschiedliche Faden-Kreuzungswinkel misst. Diese sind wichtig für die Berechnungen in den Simulationen. Um Qualität und Winkel beim Flechtprozess online zu ermitteln, wurde eine „Live“-Flechtwinkelmessung mit einer neuen Polarisationskamera realisiert.
Der Nutzen für den Mittelstand
Die neuen Technologien können sowohl für Radial- als auch Axial-Flechtmaschinen in allen Bereichen der Faserverbundtechnik eingesetzt werden. Damit können leistungsfähige und leichte Produkte wirtschaftlich von KMU entwickelt und hergestellt werden. Die erarbeiteten Lösungen bilden die Basis für eine durchgängige digitale Prozesskette und für Anwendungen im Rahmen von Industrie 4.0.
Ansprechpartner
Hermann Finckh
Hermann.Finckh@ditf.de
+49 711 9340 401
Fördergeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 19679 N.