12/09/2018 – IFWS/IFKT

Maschenexperten tagten in Chemnitz

IFWS war zu Gast im neuen Zentrum für textilen Leichtbau am STFI

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Doppellagig, 3D ausgeformter Schuh – Oberstoff in Nahtlostechnik - aktuelle Entwicklung von Stoll © Stoll

 
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Tagungsausklang und Erholung im Wasserschloß Klaffenbach © G.Gozdzik

 

Dem Ruf der Landessektion Deutschland der Internationalen Föderation von Wirkerei- und Strickerei-Fachleuten e. V. (IFWS) zum Treffen am 25. und 26. Juni 2018 nach Chemnitz waren ca. 40 Maschenexperten aus dem deutschsprachigen Raum gefolgt, einschließlich Vertreter aus Maschen- oder zuliefernden Betrieben der Region.

 Innovationen im Maschenwarenbereich mit Blick auf künftige Anwendungen wurden im Vortragsprogramm vorgestellt und diskutiert.

 Auch bei den anschließenden Betriebsbesichtigungen in den Firmen Terrot GmbH, Chemnitz, Strumpfwerk Lindner GmbH, Hohenstein-Ernstthal, und Pinkert machines UG & Co. KG, ebenfalls Hohenstein-Ernstthal nahe Chemnitz, gab es für die Maschen-Insider interessante Einblicke.

 Zukunftsweisende Themen

 Dr. Heike Illing-Günther, STFI Chemnitz, referierte zum Thema Sensorik und Aktorik in Maschenwaren, stellte mögliche Textilstrukturen vor und verwies auf die Notwendigkeit zum Kombinieren von Strukturen. Bedeutung für Sensorik und Aktorik haben vor allem sensitive Materialien als Einsatz im Schuss, knotenlose Netzstrukturen oder Verbundmaterialien, die mit Sicherheitsfunktionen ausgestattet werden können.

 Sensorische Eigenschaften werden gebraucht für das Monitoring von Tragwerken, für Feuchtemonitoring bei Beton- oder Holzbauwerken oder als intergrierter Produkt- oder Personenschutz. Ein aktuelles Beispiel ist der Paketbutler. Bereits bewährt haben sich sensitive Geotextilien, z. B. in Form von Deichmonitoring, oder auch beheizbare oder Leuchttextilien.

Neue Anwendungsszenarien werden gesehen im Bereich Tagging und Tracing, notwendig für den Einzug der 4. Industriellen Revolution in der textilen vernetzten Produktion. Nicht zu unterschätzende Herausforderungen für die Entwicklungen sind die Robustheit der smarten Textilfunktionen, mögliche Nebenwirkungen, Kosten, Zulassungen, Recyclingfreundlichkeit usw.

 Heike Herfert, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hof, Campus Münchberg, untersuchte Bettdecken aus 3D-Gewirken und präsentierte die Ergebnisse der Untersuchungen zum instationären Wärme- und Stoffdurchgang.

 Martin Legner, H. Stoll AG & Co. KG, Reutlingen, stellte fest, dass der Flachstrickmarkt gegenwärtig einerseits durch Strickmaschinen für das Billiggenre und andererseits durch Maschinen zur Herstellung von Schuhoberstoffen geprägt ist. Spannende Einblicke in aktuelle Produktentwicklungen zeigten, wie stark der derzeitige rasante „Strickschuhstoff-Boom“ Entwicklungen, wie Formstricken mit unterschiedlichen Zonen, Öffnungsgraden, Musterungen, Elastizität, Lochmustern, farbigen Ausmusterungen und Kombigarnen, forciert. Ganz aktuelle Neuentwicklungen: der Nahtlosschuh und die Socke im Schuh. Technische Möglichkeiten, wie Fully Fashioned und Seamless werden beim Flachstrickmaschinenbauer immer weiter ausgereizt. Kombinationen zwischen Maschen- und Webwarenstruktur, Teilschusseintrag, Einlegen von Flott- und Bauschgarnen, z. B. für sektorierte Wattierung, inverses und selektives Plattieren sind Themen für gegenwärtige Anwendungsentwicklungen.

 Künftige Verwendungen sind denkbar im Bereich Sportartikel (z.B. Torwarthandschuh u. Bespannungen), Taschen mit integrierter Funktionalität, Automobilinterieur, Verkleidungen für Elektronik- und Lampenkomponenten usw.

 Blick „hinter die Kulissen“

 In dem im STFI eingerichteten Schaufenster „Vertikale Integration und vernetzte Produktionsketten“ , das Teil des vom Bundeswirtschaftsministerium ins Leben gerufenen Projekts „Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum – Textil vernetzt“ ist, informierten sich die Tagungsteilnehmer darüber, wie mittelständische Textilproduzenten dabei unterstützt werden, fit für die digitale Zukunft zu werden und dabei gleichzeitig ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Herausforderungen aktiv mit einbringen können.

 Terrot GmbH: Der insgesamt mehr als 155 Jahre bestehende Rundstrickmaschinenhersteller, 2006 als Terrot GmbH in Chemnitz neu gegründet, ist seitdem erfolgreich mit ständigen Innovationen, gelungenen ITMA-Auftritten und der Positionierung in Ländern, wie China, Indien, Brasilien, Türkei und Osteuropa. Im neuen Terrot-Showroom wurde das Corizon-Verfahren vorgestellt, wo Strick- und Spinnmaschine eine Einheit bilden und ein besonders weiches und blickdichtes Gestrick gefertigt werden kann.

 Strumpfwerk Lindner GmbH: Die 1890 gegründete Firma ist das älteste familiengeführte Unternehmen in der Region und steht für ständiges Reagieren auf Markterfordernisse. Die zunehmende Ausrichtung auf Sport und Gesundheitsvorsorge im Produktprogramm, dazu zählt z. B. auch die Übernahme der Medizinproduktefirma VENOCARE-MED GmbH, und das notwendige größere Engagement im Online-Handel sind aktuelle Entwicklungen. Im Hohenstein-Ernstthaler Werk, das Strickerei und Formerei beherbergt, staunten die Tagungsteilnehmer über hochproduktive Sockenstrickautomaten mit integrierter Ketteleinrichtung.

 Pinkert machines: Seit 6 Jahren bietet der Maschinenbauer die komplette Range an Malimo-Nähwirkmaschinen für die Vliesverarbeitung an und profitiert von der guten Nachfrage. Das Unternehmen hat 18 Mitarbeiter, eine eigene Softwareentwicklung und mechanische Fertigung und liefert 4-6 Maschinen pro Jahr aus. Gegenwärtig sind Maliwatt-Maschinen mit 2, 3 und 6 m Arbeitsbreite in der Fertigung. Zur Erweiterung des Produktspektrums wurde in die Anschaffung einer CNC-Fertigungsmaschine investiert. In Vorbereitung der ITMA 2019 in Barcelona laufen derzeit Entwicklungsarbeiten, um eine neue Generation von Malimo–Maschinen präsentieren zu können.

 IFWS Landessektion Deutschland

 Die Landessektion Deutschland der Internationalen Föderation von Wirkerei- und Strickerei-Fachleuten e. V. (IFWS) hat gegenwärtig 96 Mitglieder, davon 38 Firmen- und 10 Jungmitglieder, und trifft sich jährlich an einem wichtigen Maschentextilstandort. 2019 wird die Tagung im Raum Reutlingen stattfinden, u.a. mit einem Besuch bei der Firma Mey GmbH & Co. KG, Albstadt. Neben der inhaltlichen Arbeit widmet sich die Föderation vor allem der Werbung um aktive Jungmitglieder.

 Die IFWS besteht seit 62 Jahren, international arbeiten in der Föderation 218 Mitglieder aus 16 Nationen. Der 49. Internationale Kongress der Föderation ist für den 2. bis 4. Oktober 2018 in Lodz/Polen geplant.

Gisela Gozdzik