07/11/2018 – Südwesttextil

Textil kann viel, aber nicht ohne Menschen!

Die baden-württembergische Textil- und Bekleidungsindustrie ist zwar nach wie vor positiv gestimmt, die Erwartungen sinken jedoch.

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Bodo Th. Bölzle, Präsident des Verbandes Südwesttextil plädiert aktiv für eine aktivere Industriepolitik in Baden-Württemberg © Amann

 

Der Geschäftsklimaindex des Wirtschafts- und Arbeitgeberverbands Südwesttextil, erhoben zum Halbjahr 2018, zeigt sich mit 13 Punkten gut im Plus und hält somit die gesunde Lage seit drei Jahren stabil. Zu den rund 200 befragten Mitgliedsunternehmen gehört die gesamte textile Kette: Spinnereien, Webereien, Veredlungsbetriebe ebenso wie Hersteller von Vorprodukten für die Automobil- oder Bauindustrie, von Medizinischen Textilien, Bekleidung, Heimtextilien oder auch Bettwaren.

 Die Erwartungen der Unternehmen sinken seit vier Quartalen stetig, vor allem beeindruckt durch die weltwirtschaftlichen Verwerfungen, die Erwartungen liegen dennoch nach wie vor im positiven Bereich.

Die Branche blickt optimistisch in die Zukunft

Das ist auch in der Einschätzung der aktuellen Lage zu erkennen: 88 Prozent der befragten Betriebe beurteilen ihren Auftragsbestand als gut oder befriedigend. Die Kapazitätsauslastung bezeichnen 59 Prozent als gut, ein Drittel hält sie für befriedigend und nur 10 Prozent bezeichnen die Auslastung als schlecht. Mit Blick ins zweite Halbjahr rechnen 28 Prozent mit zunehmenden Aufträgen, und 58 Prozent gehen von mit einem eher gleichbleibenden Geschäft aus.

Sorgenfalten wegen Preisanstieg bei Rohstoffen

 Sorgen bereitet der Branche der Preisanstieg bei Rohstoffen, wie z. B. bei Synthetikfasern und bei Farbstoffen, herbeigeführt durch die Monopolisierung in Asien und die damit verbundene Verknappung.

 Heiße Wachstumstreiber sind die technischen Textilien, also Fasern und Stoffe, die in andere Industrien zugeliefert werden. In den letzten acht Jahren stieg der Umsatz in diesem Bereich um 63,5 Prozent.

Mit smarten Garnen und innovativen Stoffen entwickeln Unternehmen schon heute Produkte, die in Zukunft noch mehr Energieeffizienz, Nachhaltigkeit oder Komfort im Alltag bringen.

 Deutlich abgekühlt hat sich die Stimmung in der Bekleidungsindustrie, nicht nur wegen des langen Sommers. Insolvenzen im Einzelhandel sowie die anstehende Fusion der beiden Kaufhausgrößen Karstadt und Kaufhof drücken neben dem wachsendem e-Commerce aufs Geschäft.

 Mitarbeiter rücken in den Fokus

 85% der befragten Unternehmen wollen ihren Personalbestand halten oder vergrößern. Die Fachkräftesuche zähle nach wie vor zu den größten Herausforderungen, wobei die Karrierechancen in der Textil- und Bekleidungsindustrie noch nie so gut wie im Moment waren. Eine erst kürzlich veröffentlichte Studie von McKinsey prognostiziert, dass die Textilproduktion dank Digitalisierung und Kostenverschiebungen auf den Weltmärkten schrittweise nach Europa zurückkehren könnte.

 Vor diesem Hintergrund plädierte Bodo Th. Bölzle, Präsident des Verbandes Südwesttextil anlässlich des Jahrespressegespräches Ende Oktober für eine aktivere Industriepolitik des Landes: „Textil muss ein Mosaikstein in einer engagierten Standortförderung der Landesregierung sein, die nicht mehr nur aufs wenige Großindustrien setzt, sondern diversifizierter mehrere, auch kleinere Pflänzchen gießt."

Andere Bundesländer hätten das Potenzial von Textil längst erkannt

„Bayern und NRW rüsten in der Textilforschung auf. Hier muss etwas passieren, damit Baden-Württemberg sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt,“ lautete sein Appell. Ebenso müsse das Land die Lotsentätigkeit der Verbände bei der Mittelstandsförderung stärker unterstützen sowie die textilen Berufe mit konkreten Maßnahmen in der dualen Ausbildung.

 Welche Innovationskraft in der Textil- und Bekleidungsindustrie Baden-Württembergs steckt, zeigt eine neue Veröffentlichung des Verbands Südwesttextil unter dem Titel „Textil kann viel“ mit 50 Produktbeispielen aus dem ganzen Land. Dazu zählt auch der Nähgarnspezialist Amann in Bönnigheim, den Verbandspräsident Bölzle als CEO führt: Die „Smart Yarns“ – intelligente Garne, die in den unterschiedlichsten Produkten als textile Sensoren oder als Leiter von Daten und Strom fungieren – werden mittlerweile in zahlreichen anderen Industrien wie Mobilität, Logistik, Architektur, Bauen oder Medizin und Pflege eingesetzt.

 Deutschlands zweitgrößte Konsumgüterindustrie

 Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist Deutschlands zweitgrößte Konsumgüterindustrie und bei technischen Textilien Weltmarktführer. Der Verband Südwesttextil vertritt die Interessen der Branche in Baden-Württemberg. Der Wirtschafts- und Arbeitgeber-verband ist eine Gemeinschaft von rund 200 Unternehmen mit 7 Mrd. Euro Umsatz und 24.000 Beschäftigten. Darunter sind viele Unternehmen wichtige Zulieferer für die Autoindustrie, Luft- und Raumfahrt und Medizin oder machen mit attraktiver Mode und hochwertigen Heimtextilien den Alltag schöner und komfortabler.