Professor Dr. Rolf Klinke leitete 1971 den Planungsausschuss, der am 1. August desselben Jahres zur Gründung der Fachhochschule Niederrhein führte. Zwischen 1971 und 1994 stand Klinke an der Spitze des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein und war zwischen 1971 und 1980 zusätzlich Prorektor.

„Ohne Rolf Klinke wäre die Hochschule Niederrhein nicht das, was sie heute ist. Wir sind zutiefst betroffen von der Nachricht und fühlen mit seinen Angehörigen“, sagt Dr. Thomas Grünewald, Präsident der Hochschule Niederrhein. „Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik gehört heute zu den größten und einflussreichsten seiner Art in Europa. Dafür hat Rolf Klinke im Jahr 1971 den Grundstein gelegt. Wir werden ihn nie vergessen“, betont Professor Dr. Lutz Vossebein, Dekan des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik – wie es im Nachruf der Hochschule Niederrhein heißt.

Marktpräsenz statt Elfenbeinturm

„Rolf Klinkes Engagement für die Branche schlug sich nicht neben, sondern ergänzend zu seiner Profession in der Lehre in einer Vielzahl von Aufgaben und Initiativen nieder“, erinnert sich Wegbegleiterin Yvonne Heinen-Foudeh: „So stellte er seine Expertise in den 80er und 90er Jahren Leitmessen wie seinerzeit der weltweiten Nr. 1 bei Damenmode, der Igedo Düsseldorf, oder dem Texprocess-Vorläufer IMB der Kölnmesse zur Verfügung. Qua Studium Betriebswirtschaftler wirkte er aktiv über Jahrzehnte an der Anpassung der Arbeitsorganisation gemäß Branchenbedarfen im Ausschuss der REFA-Methodenlehre“, so die heutige textile network-Korrespondentin, selbst Alumni des Fachbereichs Textil/Bekleidung am Standort Mönchengladbach. „Und so waren auch seine eigenen Vorlesungen in der Fächern Controlling / Betriebswirtschaftslehre hochspannend, weil geprägt von der industriellen Praxis der Modebranche.“

Eng verbunden fühlte sich Prof. Dr. Klinke auch mit den Fachmedien: So agierte er über Jahrzehnte als Vorsitzender des Fachbeirats der Fachzeitschrift Bekleidung + Wäsche, die ab 1992 im Zuge der Mehrsprachigkeit unter dem Titel BW Fashion Technics* international platziert werden konnte. „Ihn als Mentor und vertrauensvollen Sparringspartner an meiner Seite zu wissen, in der Dekade als Chefredakteurin des Blattes , – das kam dem Medium, seinen Lesern und auch mir persönlich, und meiner Learning Curve, im hohen Maße zu Gute“, erinnert sich Heinen-Foudeh.

Als Mitglied des Kuratoriums der Wilhelm-Lorch-Stiftung leistete Professor Klinke seinen Beitrag zur Entdeckung und Förderung verheißungsvoller Talente und so manches Branchenvisionärs: Aktiv in dieser Rolle seit der Gründung 1988 durch die Gesellschafter und die Geschäftsführung der dfv Mediengruppe und bis in das Jahr 2012 war Professor Klinke das Bindeglied zwischen der Stiftung zur Förderung besonders begabten Nachwuchses für alle Bereiche der Textilbranche und der Hochschule Niederrhein, dem Mönchengladbacher Fachbereich.

Von ihrer Fernreise zu Reportage-Zwecken blickt unsere Kollegin Heinen-Foudeh via Skype weiter zurück: Prof. Dr. Rolf Klinke sei es ferner gelungen, in der 2. Hälfte der 80er, das duale Fachhochschul-Ausbildungssystem in die Türkei zu „exportieren“, gemeinsam mit Vor-Ort-Partnern, wofür ihn die türkische Textil- und Bekleidungsindustrie bis heute verehrt. Zudem sei er ein engagierter Lions-Club-Aktivist gewesen, worüber er aber nie groß sprach.

Auf Umwegen in die Textilindustrie

Zunächst hatte Rolf Klinke gar keine Bezugspunkte zur Textilindustrie. 1929 wurde er in Emden/Ostfriesland geboren und blieb bis zum Abitur in Norddeutschland. Schließlich war es ein Onkel aus Mönchengladbach, der Klinkes Zukunft prägen sollte. Dieser Onkel besaß die alteingesessene Baumwollspinnerei und Bleicherei Eduard Königs & Co. auf der Pescher Straße in Mönchengladbach. Klinke absolvierte dort zunächst ein Praktikum und schrieb sich parallel für ein Studium an der Textilingenieurschule (TIS) ein. An der TIS blieb er auch nach seinem Abschluss und lehrte als Oberstudienrat die Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften.

Als der Düsseldorfer Landtag am 29. Juli 1969 das Fachhochschulgesetz verabschiedete war darin der 1. August 1971 als Starttermin für diese neue Hochschulform festgelegt worden. Planungsausschüsse sollten an den jeweiligen Standorten die neuen Hochschulen entwickeln. Rolf Klinke, stets an hochschulpolitischen Entwicklungen interessiert, übernahm die Leitung des Planungsausschusses am Niederrhein, der am 1. April 1971 seine Arbeit aufnahm.

Beeindruckende Leistungen führen zur Ehrung mit Bundesverdienstkreuz

Es musste ein Modell gefunden werden, dass der Region Niederrhein, dem fachlichen Schwerpunkt Textil und den beiden Städten Krefeld und Mönchengladbach gerecht werden sollte. Dass die Stadt Mönchengladbach den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik bekam, war wesentlich auf Klinkes Verhandlungsgeschick zurückzuführen.

Folgerichtig wurde er der erste Dekan des neuen Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik. Dieser fasste die Fachrichtungen der ehemaligen Staatlichen Ingenieurschule für Textilwesen Mönchengladbach, die textiltechnologischen und künstlerischen Abteilungen der ehemaligen Staatlichen Ingenieurschule für Textilwesen Krefeld, die Staatliche Höhere Fachschule für die Bekleidungsindustrie Köln sowie die Staatliche Höhere Fachschule für die Bekleidungsindustrie Bielefeld zusammen. Später wurden die noch verbliebenen textilen Ausbildungsstätten in Wuppertal und Aachen ebenfalls in den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik integriert. Auch das war ein Verdienst von Rolf Klinke. 1994, im Jahr seiner Pensionierung, erhielt er für seine Verdienste das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Auch im Ruhestand blieb er seiner Hochschule Niederrhein stets verbunden. So gab es zu seinem 90. Geburtstag im Sommer 2019 an der Hochschule einen großen Empfang für den Jubilar. Zahlreiche Weggefährten waren gekommen, um noch einmal auf sein Wohl anzustoßen.

* Anmerkung der Redaktion: Die Titelrechte der in den 50er Jahren gegründeten Fachzeitschrift BEKLEIDUNG + WÄSCHE, später BW-Fashion Technics, sind 1999 in das Eigentum des Meisenbach Verlags übergegangen und damit heute in unser Medium textile network integriert.