23/03/2020 – Nachgefragt bei Elke Hortmeyer
Discover Natural Fiber Initiative (DNFI) mit neuem Vorsitz
Anfang 2020 übernahm Elke Hortmeyer ehrenamtlich den Vorsitz der DNFI. Im Gespräch mit textile network wird deutlich, wie sie ihre neue Aufgabe angehen will.
Der DNFI gehören 15 Naturfaserorganisationen an. Frau Hortmeyer arbeitet seit fast 20 Jahren für die Bremer Baumwollbörse und leitet seit langer Zeit den Bereich Kommunikation und Internationale Beziehungen. Die DNFI entstand 2010 nachdem die Vereinten Nationen das Jahr 2009 als das „Jahr der Naturfaser“ ausgerufen hatte. So sollten die Leistungen der Naturfaserwirtschaft für Umwelt und Gesellschaft gewürdigt werden.
textile network: Wie sehen Sie Ihre neue Aufgabe?
Elke Hortmeyer: Ich freue mich auf meine ehrenamtliche Aufgabe für die „Discover Natural Fiber Initivative“. Wir von der Bremer Baumwollbörse engagieren uns bereits seit Gründung 2010 für die DNFI. Ich denke, dass wir vor dem Hintergrund der aktuellen Nachhaltigkeits- und Umweltdiskussion, also gerade jetzt, durch Information und Kommunikation viel erreichen können. Baumwolle im Netzwerk mit anderen Naturfasern ist eine optimale Kombination.
textile network: Wofür steht die DNFI?
Elke Hortmeyer: Gemeinsames Ziel ist es, vornehmlich Unternehmen der textilen Kette darüber aufzuklären, welchen Mehrwert Naturfasern haben und für welche neuen Einsatzwecke sie von hohem Nutzen für Verbraucher und Gesellschaft sind. Wir tauschen regelmäßig Marktinformationen und geben diese an den Markt vornehmlich über unsere Internetseite weiter. Mit unserem „Discover Natural Fiber Initiativ Award“ zeichnen wir jährlich herausragenden Leistungen im Bereich innovativer Forschung innovativer Verarbeitungsprozesse für und mit Naturfasern aus.
textile network: Wie hat sich der Markt für Naturfasern im Jahr 2018/19 entwickelt?
Elke Hortmeyer: 2019 wurden nach ersten Schätzungen 33 Mio. t an Naturfasern erzeugt. Das wären 1 Mio. t mehr als im Vorjahr. DNFI schätzt, dass etwa 60 Mio. Haushalte an der Naturfaserproduktion beteiligt sind. Faktum ist, dass der Marktanteil der Naturfasern im Vergleich mit den Chemiefasern stetig zurückgegangen ist und heute noch lediglich 29 Prozent beträgt. Hierauf müssen wir antworten.
textile network: Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang Baumwolle?
Elke Hortmeyer: In der Saison 2019/20 wird mit einer Baumwollproduktionsmenge von 26,4 Mio. t gerechnet. Das bedeutet einen Anstieg von 700.000 t gegenüber der Vorjahressaison. Der Anteil von Baumwolle an den Naturfasern liegt demnach bei 79 Prozent.
textile network: Wie entwickelten sich andere wesentliche Naturfasern?
Elke Hortmeyer: Die Produktion von Jute betrug 2019 geschätzt weltweit 3,3 Mio. t. Die Herstellung von reiner Wolle dürfte nach ersten Schätzungen durch die Einflüsse von Trockenheit und Feuer beim größten Produzenten Australien auf ein Niveau von 1,07 Mio. t zurückgegangen sein. Kokosfasern dürften ein Volumen von 1 Mio. t erreicht haben. Flachs wird auf 310.000 t geschätzt, Bei Sisal ist mit 262.000 t zu rechnen. An Seide könnten 2019 160.000 t zur Verfügung stehen.
textile network: Welche allgemein verbreitete Mär in Bezug auf Naturfasern, insbesondere Baumwolle als wichtigste Naturfaser, stört Sie am meisten?
Elke Hortmeyer: Problematisch wird es, wenn Baumwolle auf Basis von nicht mehr aktuellen Informationen wegen ihres vermeintlich hohen Wasser- und Pestizidverbrauchs als nicht nachhaltige Faser stigmatisiert wird. Fakt ist: Baumwolle verbraucht nur 3 Prozent des in der Landwirtschaft eingesetzten Wassers. Für die Herstellung von 1 kg entkörnter Baumwolle werden nach neuesten Recherchen des International Cotton Advisory Committee durchschnittlich 1.214 l Wasser aus künstlicher Bewässerung verbraucht. Der Anteil des Pestizidverbrauchs für den Anbau von Baumwolle zu ihrer Bekämpfung betrug 2014 5,7 Prozent aller der weltweit eingesetzten Pestizide. Moderne Techniken und Managementmethoden führen seit Jahren zu geringerem und präziserem Einsatz von Wasser und Pestiziden und verändern die Landwirtschaft.
textile network: Sie haben einen Wunsch für Naturfasern frei. Wie würde er lauten?
Elke Hortmeyer: Ich wünsche mir, dass die Diskussion über Nachhaltigkeit im Sinne der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN dazu führt, dass die Industrie in der Produktion von Textilien jeglicher Art mehr Naturfasern einsetzt und ihren Nutzen in der Werbung deutlich machen. Verbraucher sollten auch über gute Beratung im Handel erkennen können, dass Naturfasern die bessere Alternative sind.
Frau Hortmeyer, vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen für textile network stellten Iris Schlomski und Rainer Schlatmann.