06.01.25 – Digitalisierung und Innovation

Schlüsselstrategien für die Zukunft der Textilveredelungsbranche

In einer Welt, die sich durch rasante Entwicklungen und einen unaufhörlichen Drang nach Effizienz und Schnelligkeit kennzeichnet, steht die Textilveredelungsbranche an einem entscheidenden Wendepunkt.

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Digitalisierung ist kein „Nice to have“, sondern Notwendigkeit. © comdesign.net

 
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Mateo Leitner, Gründer und Geschäftsführer der Topo GmbH. © Topo/Lisa Gigler

 

Viele Unternehmen, die in diesem Sektor tätig sind, sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert: Die Optionenvielfalt ist schwer zu überblicken, die manuelle Auftragsverwaltung zeitaufwendig und fehleranfällig.

 Moderne Veredelungsbetriebe bieten neben einer ungeheuren Vielzahl an unterschiedlichen textilen Artikeln auch verschiedene Veredelungstechniken an: Neben dem klassischen Siebdruck und Stick wird seit vielen Jahren auch geflockt, geflext und sublimiert, Kombinationen der verschiedenen Technologien sind ebenso rasant auf dem Vormarsch wie DTF und DTG. Paradiesische Zustände für die Kunden – für nahezu jeden Bedarf und jedes Budget gibt es ein passendes Produkt. Der Veredler hat es dadurch allerdings mit einer Fülle an variablen Informationen zu tun, die zu jedem einzelnen Auftrag festzuhalten sind. Und ebendiese Fülle gilt es straff, verständlich, standardisiert und dokumentierbar festzuhalten, um alles fehlerfrei vom Kunden über den Vertrieb zu Produktion und Verwaltung zu kommunizieren und bei Bedarf, z. B. im Fall einer Nachbestellung, zu reproduzieren. Nun liegt in Zeiten der Digitalisierung der Schluss nahe, der Datenvielfalt mit standardisierten Prozessen und Kommunikationstools zu begegnen. Digitalisierung ist längst kein kein „Nice to have“ mehr, sondern eine anerkannte Notwendigkeit. Es gilt, eine leistungsstarke und dabei leistbare Softwarelösung zu finden, die den branchenspezifischen Anforderungen entspricht. Wie aber würde eine solche Lösung aussehen und worauf kommt es eigentlich an?

 Größere Effizienz durch Digitalisierung

 Unter dem Einfluss von 24/7-Online-Shopping und Overnight-Shipping hat sich die Erwartungshaltung der Kunden in Bezug auf Lieferzeiten stark verändert. Die Kunden der Gegenwart und noch mehr jene der Zukunft leben in einer digitalen Welt – einer Welt ohne Verzögerungen und Wartezeiten. Auch Veredler müssen also auf zeitgemäße effiziente Arbeitsweisen setzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die entscheidende Aufgabe der Digitalisierung ist es hier, Abläufe zu straffen und transparent zu machen, um die Produktionszeit zu verkürzen und die Fehlerquote zu minimieren. Ein praktisches Beispiel hierfür ist die Bestellaufnahme in Echtzeit: Ein Vertriebsmitarbeiter platziert die Bestellung mittels entsprechender Software direkt während des Verkaufsgesprächs sowohl in seinem Unternehmen als auch beim jeweiligen Textillieferanten. Die Grafikabteilung hat somit sofort bei Vertragsabschluss alle nötigen Daten zur Verfügung, der Auftrag kann die Druckvorstufe bereits durchlaufen, noch bevor der Verkäufer vom Kundenbesuch zurückkehrt. Zeitgleich werden die Textilien bereits vom Großhändler ausgeliefert, der umständliche und zeitraubende Bestellprozess entfällt. Durch automatisierte Auftrags-, Rechnungs- und Lieferscheinerstellung über ein E-Commerce-System ist der gesamte Vorgang perfekt dokumentiert, das Verwaltungspersonal wird von diesen Aufgaben entlastet. Vor allem für kleinere Textilveredelungsbetriebe, die über keine eigene IT-Abteilung verfügen und die Investition in klassische große Softwaresysteme bisher gescheut haben, lassen sich so effizientere Prozessgestaltung und Kosteneinsparungen realisieren. Die Kommunikation kann vereinfacht, redundante Arbeitsabläufe standardisiert, das Personal gezielter eingesetzt werden. Außerdem ermöglicht eine digitale Infrastruktur eine umfassendere Datenanalyse, die als Grundlage für Controlling-Aufgaben wie Preisbildung oder Schwerpunktsetzung dient.

 

Der Alltag ist der größte Feind der Innovation

 So wichtig die digitale Transformation aber auch sein mag, sie ist kein einfaches Unterfangen. Soll sie effektiv sein, fordert sie eben nicht nur den Einsatz neuer Technologien, sondern auch ein Umdenken im internen Prozessmanagement. Der elementare erste Schritt ist die gründliche Überprüfung der bisherigen Arbeitsabläufe. Die Digitalisierung eines schlechten analogen Prozesses liefert als Resultat nämlich nichts anderes als einen schlechten digitalen Prozess – und die Umstellung stellt vor allem dort eine erhebliche Herausforderung dar, wo es um die Reorganisation von Abläufen geht, die tief in der Unternehmensstruktur verwurzelt sind.

Festgefahrene Abläufe und die Ressourcenbindung im Tagesgeschäft lassen oft wenig Raum für Veränderungen. Der Kern des Problems liegt hier nicht nur in der Betriebsblindheit gegenüber den eigenen Routinen, sondern vor allem auch in der berechtigten Befürchtung, Veränderungen könnten zu Betriebsstörungen führen.Transformationsprozesse fordern Unternehmen auf mehreren Ebenen und können nicht „nebenher“ erledigt werden. Sie erfordern fokussierte Aufmerksamkeit und gezielt eingesetzte Ressourcen: Personal muss dafür abgestellt werden, sich ausschließlich dieser Aufgabe zu widmen. Das mag vor allem auf die Inhaber kleinerer Betriebe im Vorfeld abschreckend wirken, die Investition macht sich durch die vielen oben genannten Vorteile aber schon sehr bald bezahlt.

 

Praktische Schritte zur Digitalisierung

 Wie schwierig es sein kann, alte Gewohnheiten aufzubrechen, weiß jeder, der schon einmal einen Neujahrsvorsatz gefasst hat. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier. Es ist wichtig, die Akzeptanz der Mitarbeiter für die angestrebten Veränderungen zu gewinnen, denn der beste Prozess ändert nichts, wenn er schöne Theorie bleibt. Empfehlenswert ist daher ein sanfter Übergang in neue Prozesse. Agile Projektmanagement-Methoden wie Scrum oder Kanban haben sich vor allem in der IT längst etabliert. Sie erlauben es Unternehmen, in kleinen überschaubaren Schritten vorzugehen. Die klare Struktur von Scrum, seine iterative und flexible Herangehensweise und die Einbeziehung aller beteiligten Schlüsselpersonen tragen dazu bei, die Änderungen schrittweise und mit wenig Reibungsverlust zu integrieren. Ein agiles Projektteam für die Digitalisierung besteht idealerweise aus Mitgliedern, die spezifische Rollen einnehmen – von IT-Experten über Prozessmanager bis hin zu Produktionsmitarbeitern, die die täglichen Abläufe genau kennen.

 Mit dieser methodischen Herangehensweise können Unternehmen die digitale Transformation effektiv gestalten, ohne den laufenden Betrieb in zu großem Ausmaß zu stören. Mit einem engagierten Team, einer klaren Vision und konsequenter Umsetzung der agilen Prinzipien ist eine erfolgreiche Digitalisierung für jede Betriebsgröße umsetzbar.

 Investition in eine digitale Zukunft

 Die Anpassung an die digitalen Anforderungen ist eine Investition in die Zukunft. Unternehmen, die diese Veränderung annehmen, werden sich als Branchenführer von morgen herausstellen. In Anbetracht der agilen Technologielandschaft wird es für Textilveredlungsunternehmen entscheidend sein, flexibel zu bleiben und die Vorteile der digitalen Datenkommunikation für sich zu nutzen.