03.03.16 – Berliner Fashion Week — read English version

Grüne Mode

Maximales Design bei minimaler Verschwendung! Greenshowroom und Ethical Fashion Show, als die „grünen“ Messen der Berliner Fashion Week haben erneut bewiesen: hochmodische Produkte können in einem ewigen Kreislauf hergestellt werden, Design-Prinzipien lassen sich vollständig auf Nachhaltigkeit aufbauen.

Alice Beyer Schuch

Alice Beyer Schuch

 
Camilla Carrara

Camilla Carrara

 
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Das Thema „Kreislaufwirtschaft“ steht ganz oben auf der Agenda von Greenshowroom und Ethical Fashion Show, den beiden Nachhaltigkeitsmessen und klarem auf Ethik ausgerichtetem Profi. Vom 19.bis 21. Januar 2016 präsentierten diese während der Fashion Week Berlin im Berliner Postbahnhof Eco-Fashion at its Best: Labels, die für qualitativ hochwertiges Recycling stehen, innovative Ansätze im Umgang mit chemisch oder mechanisch recycelten Rohstoffen präsentieren und mithilfe innovativer Technologien einen fortschrittlichen Qualitätsstandard erreichen. Die Form, die Funktion, das Material oder das Finishing tragen zu einem Produkt mit maximalen Trageeigenschaften bei: Die Kleidung ist zugleich tragbar, funktional und zeitgemäß. Dabei ist die Verschwendung bzw. der Abfall auf ein Minimum reduziert.

Der Greenshowroom steht für High Fashion mit veredelten natürlichen Materialien, hochwertiger Verarbeitung und höchster Schneiderkunst. Während scharfe, puristische Schnitte, von der Schönheit der Natur inspirierte Prints, perfekte Passform und kluge Details das Design der Modelabels kennzeichnen, sind vegetabil gegerbtes Kalbs- und Fischleder die nachhaltigen Materialien der präsentierten Schuh- und Taschenlabels. Weicher, warmer Edelstrick besteht aus ungefärbtem mongolischen Kaschmir und bildet die Basis für hochwertige Strickjacken, Pullover, Cardigans und Schals. Einige Designer haben sich auch des traditionellen Handwerks verschrieben. Inszeniert wurden die hochmodischen und zugleich ethischen Outfits auf der Salonshow des Greenshowroom, bei der hochkarätige Gäste wie Renate Künast ihre Unterstützung der grünen Mode-Aussage Tribut zollten.

Innerhalb der Kollektionen der „grünen“ Aussteller stach besonders das puristische Label der Holländerin Elsien Gringhuis heraus. Die junge Designerin, die ihren Abschluss an der renommierten Academy of Visual Arts (ArtEZ) in Arnhem gemacht und zahlreiche Wettbewerbe, u.a. Createeurope, Mittelmoda und Green Fashion Competition gewonnen hat, verfolgt seit ihrer Labelgründung 2009 stringent ihren Weg eines durch hohe Handwerkskunst, Nachhaltigkeit und Funktionalität durchdachten cleanen Designs.

„Maximize the Minimum“ lautet ihre Designphilosophie, die sie in essentielle, zeitlose, minimalistische. Die in der Kollektion angewandten organischen Stoffe sind GOTS zertifiziert, Abfälle wurden maximal reduziert, und die Kollektion wird zu 100% lokal produziert. „A functional and well thought out design makes me very happy“, sagt Elsien Gringhuis und fügt hinzu: „All good things are simple, but there is nothing more difficult than to make a good and simple design.“

Die nachhaltige Initiative im Bereich der Mode-Ausbildung, verdient zudem höchsten Respekt: der einzigartige interdisziplinäre und interkulturelle Master-Studiengang „Sustainability in Fashion“ der ESMOD Berlin. 17 Studenten aus 14 Ländern (darunter Neuseeland, Indien und Pakistan) belegten innerhalb von 12 Monaten Theorie- und Praxis-Kurse in ökologisch, ethisch, sozial und ökonomisch sowie ästhetisch und kulturell nachhaltigem Design. Die profunde Recherche der Studenten bezog sich dabei auf Gebiete wie Co-Creation-Strategien mit Handwerkern und Verbrauchern, kreisläufigen Business-Ideen mit Null-Verschwendung, Cradle-to-Cradle-Designstrategien, die man sowohl auf den Massenmarkt, als auch auf das Luxus-Segment anwenden kann. Allen gemeinsam ist das Bestreben, auf Materialien und Technologien, die die Umwelt zerstören sowie auf ausbeuterische Arbeitsweisen zu verzichten.

Unterstützt von prominenten Partnern aus der Industrie, realisierten die Master-Studenten bahnbrechende nachhaltige Produkte, für die der Greenshowroom eine eigene Präsentations- und Austausch-Plattform geboten hat.

So beschäftigt sich das Projekt „Further – textile rebirth catalyst“ der Brasilianerin Alice Beyer Schuch mit regenerierten Fasern, die aus natürlichen erneuerbaren Ressourcen gewonnen werden, bei deren Produktion Abfälle angewandt werden: Durch das chemische Recyceln alter Baumwolltextilien wird der Lebenszyklus von Zellulose verlängert, die sowohl an Baumwoll-Kleidung, als auch in Papier zu finden ist. Die daraus entwickelte, ganz in Weiß gehaltene weder gefärbte noch gebleichte Kleidung besteht aus 100% Zellulosematerialien und ist somit zu 100% recyclebar. Ihr Design ist zeitlos und kann jahrelang getragen werden, so dass der Konsum minimiert wird.

Das Ziel des „Null-Abfalls“ bei Produktion und Design verfolgt die Italienerin Camilla Carrara in ihrem Master-Projekt „Zerobarracento“: In Zusammenarbeit mit prominenten Unternehmen wie hessnatur, Freudenberg sowie namhaften italienischen Herstellern, wurde der Versuch unternommen, 100% recyceltes Wollgarn als Basis eines wertvollen Produktes zu nutzen, ohne andere Beimischungen. Die Designerin entwickelte zusammen mit der Weberei neue Muster für Woll-Stoffe in unglaublich weicher Haptik, aus denen eine Capsule-Kollektion großzügiger edler Mäntel entstand. Jeglicher Abfall wurde während des gesamten Prozesses vermieden.

Die hochästhetische und zeitgemäße Taschen-Kollektion von Isabelle Regier steht unter den Vorzeichen von „Ive – implementing a sustainable leather concept“. Nachhaltige Produktion steht hier im Fokus und betrifft die gesamte Lieferkette: vom Ursprung des Rohleders über das Gerbverfahren bis hin zu der Taschenproduktion und –Anwendung. Ive benutzt biologisch abbaubares Leder, und beim Gerbungsprozess wird ein Mittel angewandt, das auf Olivenblätter basiert und damit eine natürliche, erneuerbare Ressource darstellt. Das Design der Produkte ist zeitlos und clean, anhand verstellbarer Riemen wird die puristische Tasche zum Rucksack umfunktioniert. Durch lokale Produktion wird das traditionelle Handwerk gefördert, und die gesamte Herstellungskette bietet maximale Transparenz. Ein authentisches Produkt, das zugleich darauf zielt, das Bewusstsein sowohl der Industrie, als auch des Verbrauchers zu wecken – das ist die Lösung, die nachhaltige Mode heute bietet und den Markt zum Umdenken bewegt, um verantwortungsvoll in eine bessere Zukunft blicken zu können!

Die bei den beiden „grünen“ Messen gezeigten Labels unterliegen strengen Auswahlkriterien, zu denen ökologische und soziale sowie Aspekte der Transparenz zählen. Ökologische Kriterien sind erfüllt, wenn die Hersteller anhand der Entscheidung für bestimmte Rohstoffe, Zutaten und Produktionsweisen sowie durch den Gebrauch durch den Konsumenten die Belastung auf die Umwelt reduzieren. „Reduce, Reuse, Recycle or Compost“ lautet der Grundsatz, unter dem die Verwendung erneuerbarer Ressourcen entlang der Lieferkette, die Vermeidung von Abfällen und toxischen Substanzen und die Unterstützung der Forschung nachhaltiger Produkte fördert.

Dass Mode dabei unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden muss, dafür garantieren z.B. die Einhaltung der Konventionen der International Labour Organisation und die Bezahlung existenzsichernder Löhne. Auch die Unterstützung lokaler Märkte, des Handwerks und traditioneller Fertigkeiten zählen zu den wichtigsten sozialen Aspekten.

Transparent handelt ein Modeunternehmen schließlich, wenn es seine Lieferketten kontrolliert, seine Nachhaltigkeitsstrategie klar kommuniziert, aktiv am Wissensaustausch teilnimmt und Initiativen mit ökologischem Mehrwert unterstützt.

[Neli Mitewa]