17.01.16 — read English version

H.B. Fuller: Drum prüfe, was sich ewig bindet

Die Lüneburg Adhesive Academy dient nicht nur der Forschung und Entwicklung, sondern auch als Schulungs- und Versuchszentrum für Kunden Photos: H...

Die Lüneburg Adhesive Academy dient nicht nur der Forschung und Entwicklung, sondern auch als Schulungs- und Versuchszentrum für Kunden Photos: H.B. Fuller

 
H.B. Fuller: Drum prüfe, was sich ewig bindet
 
Alle Bilder anzeigen

Die Textil-und Bekleidungsbranche beruht in weiten Teilen auf Fügeprozessen. Durch Vernadeln und Verkleben, Nähen, Nieten und Schweißen, werden Substrate miteinander verbunden. Dabei entscheidet die angewendete Technik, ob die Verbindungen trenn- oder untrennbar sind beziehungsweise zerstörungsfrei oder nur unter Gewaltanwendung voneinander gelöst werden können. Unter den benannten Verfahren gibt es allerdings eines, das beides kann: die Klebetechnik.

So fügt Klebstoff beim Laminieren oder Kaschieren ein textiles Material mit einem Film oder einer Membran untrennbar zusammen. In der Konfektionsindustrie werden wiederum Oberstoffe mit Einlagestoffen verklebt. Diese Verbindung muss ebenfalls irreversibel sein. Dasselbe gilt für die Schuhfertigung oder die Filterproduktion, weil niemand Verständnis dafür aufbringen würde, wenn sich die Sohle vom Schuhkörper oder die Filtertextilien von der Kartusche lösen würden.

Nun eröffnete am 3. September 2015 H.B. Fuller, einer der weltgrößten Klebstoffspezialisten, in Lüneburg sein neues Technologiezentrum. In dem Neubau forschen und entwickeln etwa 200 Mitarbeiter an neuen Systemen für reversible und irreversible Verbindungen von Substraten. Darüber hinaus dient das großzügige Gebäude als Schulungszentrum und Versuchslabor, in dem die Kunden des Unternehmens unter praxisgerechten Bedingungen Testreihen durchführen können.

Klebstoffe sind nicht ausschließlich für lebenslange Anhaftung gemacht. Je nach Art und Zusammensetzung erlauben sie auch lösbare Verbindungen, die beispielsweise in der Damenhygiene gebraucht werden. Ausgewählte Kleber ermöglichen, dass Slipeinlagen an der Unterwäsche befestigt und wieder abgezogen werden können. Dasselbe gilt für wiederverschließbare Verpackungen. Beispiele wie diese zeigen die Vielseitigkeit von Klebstoffen, die auch in der Automobilbranche, der Holzverarbeitung oder Verpackungsindustrie eine wichtige Rolle spielen. Unter den Spezialisten für klebende Verbindungen zählt H.B. Fuller weltweit zu den führenden Herstellern.

Das jetzt eröffnete technische Exzellenzzentrum entstand direkt neben der Klebstoffproduktion, die das Unternehmen seit Anfang der 1970er Jahre in Lüneburg betreibt. Mit 2.300 m² Fläche ist die Lüneburger Adhesive Academy von H.B. Fuller zwar nur die zweitgrößte, dafür aber die modernste Einrichtung ihrer Art.

Damit die Forscher nicht nur auf ihre Labor-Enklave beschränkt bleiben, sondern mit ihren Entwicklungen die Probe aufs Exempel machen können, verfügt die Lüneburger Akademie außerdem über Hallen mit branchenspezifischen Maschinenausrüstungen. Auf den industrietypischen Anlagen kann die Leistungsfähigkeit von Klebstofflösungen unter Produktionsbedingungen überprüft werden.

Allein für die Herstellung von Hygieneprodukten wie Babywindeln oder Slipeinlagen hat das Unternehmen eine universell nutzbare Hochgeschwindigkeitsanlage für die Laminierung und Beschichtung von Vliesstoffen von Bikoma (Mayen) aufgestellt. Mit einer maximalen Produktionsgeschwindigkeit von fast 1.000 m/min kommt sie den Bedingungen der Industrie sehr nah. Für die Bedienung der Maschinen hat das Unternehmen Branchenspezialisten eingestellt. Im Team mit Klebstoffexperten und Kundenerarbeiten sie eine optimale Anwendungslösung und schulen diese bei Bedarf. Denn auch dafür ist das neue Zentrum gedacht: es soll den Mitarbeitern der Kunden und Anwendern das komplexe Wissen um reaktive Schmelzkleber, Ein- und Zweikomponenten-Polyurethankleber, Hotmelts etc. vermitteln.

Mit dem jüngsten Kompetenzzentrum setzt H.B. Fuller auf weltweites Wachstum. Dieses sieht das Unternehmen unter anderem im Bereich der Hygiene. Babywindeln werden zukünftig ebenso gebraucht wie Inkontinenzprodukte, die einer hohen Lebenserwartung der Menschen in Industrienationen geschuldet ist. Dank den modernen Laboratorien und dem brandneuen Maschinenpark kann das Unternehmen bei seinen Klebstoff-Entwicklungen die jüngsten Branchentrends berücksichtigen. So rechnen die Vliesstoffexperten damit, dass die durchschnittlichen Produktionsgeschwindigkeiten von derzeit 600 bis 800 m/min in wenigen Jahren bei 1.000 m/min liegen werden.

Gleichzeitig werden die zu verklebenden Substrate deutlich empfindlicher. So werden Vliesstoffe immer dünner und leichter. Der Anteil elastischer Stoffe, die mit Folien, Membranen oder anderen Substraten verbunden werden sollen, steigt. Die z.B. für die Schuhproduktion verwendeten Polyurethan-Laminate sind zunehmend hitzeempfindlich. Und auch Membrane für Sportswear fordern ihren Tribut: trotz Verklebung sollen Atmungsaktivität, Wind- und Wasserabweisung erhalten bleiben. Es scheint, dass Klebstoffgrößen wie H.B. Fuller in der nächsten Zeit die Arbeit nicht ausgehen wird.

[ www.hbfuller.com]

[Sabine Anton-Katzenbach]