17.07.24 – Einführung des Digital Product Passports

Chancen und Herausforderungen durch den DPP

Die Textilwirtschaft steht vor einer entscheidenden Veränderung: Bis spätestens 2030 wird der Digital Product Passport (DPP) für alle in der EU verkauften Produkte verpflichtend. Dieser Schritt ist Teil der EU-Ökodesign-Verordnung (ESPR) und zielt darauf ab, Transparenz und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern. Für Textilunternehmen bedeutet dies nicht nur erhebliche Herausforderungen, sondern auch neue Chancen für die Kundengewinnung und -bindung.

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Gastautorin Nadja Rink, Senior Business & Application Consultant SQLI. © SQLI

 
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Die Idee des DPP ist es, die digitale und ökologische Transformation zu koppeln, bekannt als „Twin Transition“. © SQLI

 

Twin Transition: Die digitale und ökologische Transformation

Die Idee des DPP ist es, die digitale und ökologische Transformation zu koppeln, bekannt als „Twin Transition“. Der DPP soll alle relevanten Daten eines Produkts entlang der gesamten Wertschöpfungskette digital verfügbar machen, um nachhaltige Kaufentscheidungen zu ermöglichen. Dieser wird stufenweise eingeführt: Ab 2026 wird ein „minimalistischer und vereinfachter DPP“ für erste Produktgruppen eingeführt, darunter Textilien, Bekleidung und Schuhe, und bis 2030 sukzessive auch für weitere Produktgruppen und Informationen entlang des Produktzyklus.

Herausforderungen für die Textilbranche

Für die Textilbranche bedeutet dies erheblichen Aufwand: Unternehmen müssen Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette gewährleisten und eng mit allen Akteuren zusammenarbeiten. Sie müssen ihre Lieferketten überdenken und entscheiden, mit welchen Zulieferern sie künftig zusammenarbeiten wollen. Zudem betreffen die DPP-Vorgaben auch die verwendeten Materialien und das Produktdesign, um die Lebensdauer durch Reparaturen zu erhöhen und Materialien in der Kreislaufwirtschaft zu halten – denn bis zu 70 % des CO2-Fußabdruckes bestimmen bereits Rohmaterialien und Produktion. Für Textilien soll besonders der Einsatz von Rezyklaten gestärkt und die Reduzierung von unrecycelten Materialien drastisch reduziert werden. Hierzu wurde erst im Mai 2024 ein Verbot zur Vernichtung von Neuware beschlossen.

Technische Herausforderungen und Lösungen

Die Implementierung des DPP bringt technische Herausforderungen mit sich. Die erforderlichen Informationen müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette digital dokumentiert und bereitgestellt werden, was neue IT-Systeme und überarbeitete Datenmodelle erfordert. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen hier vor besonderen Belastungen, da ihnen oft die technischen und personellen Kapazitäten fehlen und das Knowhow um eine effiziente Umsetzung.

Effiziente Datenintegration und Automatisierungsprozesse

Effiziente Datenintegrationssysteme und Automatisierungsprozesse sind entscheidend, um Fehler und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Modulare IT-Systeme und Cloud-Lösungen bieten skalierbare Infrastrukturen, um die großen Datenmengen effizient zu verarbeiten und zu speichern. Eine zentrale Datenplattform und klare Data Governance Richtlinien sind notwendig, um eine hohe Datenqualität sicherzustellen.

Externe Expertise für schnelle Einführung

Unternehmen sollten bei der Implementierung der IT-Systeme allerdings auf externe Expertise zurückgreifen. Spezialisierte Digitalunternehmen können bei der Auswahl und Implementierung der passenden Systeme helfen und Schulungen für die Mitarbeitenden anbieten. Consultants bieten objektive Beurteilungen und Prozessoptimierungen, um das größtmögliche Potenzial auszuschöpfen.

Frühzeitige Implementierung als Wettbewerbsvorteil

Da der DPP in wenigen Jahren verpflichtend wird, sollten Unternehmen der Textilbranche die Einführung frühzeitig angehen. Viele Partner und Kunden zeigen bereits jetzt großes Interesse an Nachhaltigkeitsinformationen. Hersteller und Händler, die diese Informationen freiwillig bereitstellen, können sich von der Konkurrenz abheben und die Kundschaft frühzeitig binden. Eine frühzeitige Einführung bietet zudem die nötige Zeit, die neuen Prozesse nachhaltig zu etablieren und die stufenweise eingeführten Änderungen nahtlos zu übernehmen.

Fazit

Mit der Einführung des Digital Product Passport (DPP) bis 2030 fordert die EU Transparenz und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Textilprodukten. Dies bietet Chancen für Kundenbindung und Differenzierung im Markt, erfordert jedoch erhebliche Anpassungen in IT-Systemen, Datenmanagement und Lieferketten. Besonders KMU stehen vor großen Herausforderungen, können jedoch durch die Einbindung externer Expertise und frühzeitige Implementierung profitieren. Effiziente Datenintegration und Automatisierung sind entscheidend, um den DPP erfolgreich umzusetzen und die Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen.