12.08.24 – Logistik — read English version

Importeure leiden unter hohen Transportkosten aus Fernost

Die politischen Spannungen im Nahen Osten treiben die Frachtraten für Seecontainer auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Und kurzfristig wird sich daran wohl nichts ändern.

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Die Frachtraten liegen aktuell auf dem höchsten Stand seit August 2022. © Travel mania/stock.adobe.com

 
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Patrick Merkel, Geschäftsführer von Prologue Solutions, ist sich sicher, dass die politischen Krisen der Strategie der Reeder massiv in die Hände spielen. © Prologue Solutions

 

So lauten die Resultate einer Studie des Kreditversicherers Allianz Trade. Nachdem laut den Experten die Frachtraten zu Jahresbeginn drei Monate in Folge gesunken sind, haben sie seit Mai zu einem neuen Höhenflug angesetzt – und zwar auf den höchsten Stand seit August 2022. Die durchschnittliche Rate für einen 40-Fuß-Container sei auf 5901 US-Dollar angezogen, das seien 121 % mehr als zu Jahresbeginn und 297 % mehr als im Vergleicht zum Vorjahreszeitraum, heißt es in der Studie.

Längere Transportzeit durch gestörte Lieferketten

Der Nahost-Konflikt und vor allem die Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer sind Allianz Trade zufolge der wohl größte Preistreiber bei den Frachtraten. Das sieht auch Patrick Merkel, Geschäftsführer von Prologue Solutions aus Hamburg so: „Weil die Schiffe einen langen Umweg um die Südspitze Afrikas machen müssen, sind die Lieferketten gestört und die Transportzeiten verlängern sich. Zudem sind aktuell viele Schiffe ausgebucht, Container ungleich verteilt und einige Häfen am Ende ihrer Kapazitäten“, so Merkel.

Welche Auswirkung die Störungen haben, zeigt eine Analyse des Bochumer IT-Spezialisten Setlog. Demnach waren im ersten Halbjahr dieses Jahres Textilien und andere schnelldrehende Konsumgüter aus Fernost im Schnitt 47,8 Tage unterwegs. Das sind verglichen mit dem Vorjahreszeitraum 12,2 Tage mehr. Im Detail analysierten die Experten die Transportzeit zwischen 18 asiatischen Ports und den Westhäfen – vom Ablegen des Schiffes am Hafen bis zum Eintreffen am Zentrallager. Basis der Stichprobe von Setlog waren 50 Marken aus dem Bereich schnelldrehende Konsumgüter.

Optimierter Ablauf verhindert Schlimmeres

Das Delta wäre laut den Fachleuten von Setlog noch größer, wenn viele Importeure nicht auf die Fahrplanänderungen von Reedereien und Spediteuren reagiert hätten. „Die führenden Unternehmen arbeiten eng mit allen Partnern zusammen, digitalisierten die Steuerung der Lieferkette und nutzen Planungs- sowie SCM-Software“, sagt Ralf Düster, Managing Director bei Setlog. Noch etwas lässt sich aus den Daten ablesen: Die analysierten Firmen optimierten auch den Nachlauf. Die Transportzeit sank im Untersuchungszeitraum von im Schnitt 5,9 auf 4,9 Tage. „Diesen einen Tag haben die Unternehmen vor allem durch den intelligenten Wechsel von früher angefahrenen Entladehäfen und Verkehrsträgern im Nachlauf aufgeholt“, erläutert Düster.

Die Setlog-Daten spiegeln auch den aktuellen Stand der Konsumgüterwirtschaft in Deutschland wider: Die Stückzahlen lagen im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15,8 % niedriger. „Das liegt sicher am schwächelnden Konsum in Deutschland und der EU, aber marginal auch an Produktionsverschiebungen in Richtung Osteuropa, Türkei und Nordafrika“, erläutert Düster.

Politische Unruhen sorgen für gestiegene Frachtpreise

Die Entwicklung bei den Frachtraten für Seecontainern ähnelt jener, während der Covid-19-Pandemie, wenngleich die Ursachen ganz andere sind: Damals trieben die Shopper durch vermehrte Einkäufe im Internet die Transportpreise in die Höhe, auch deshalb, weil nicht genug Containerschiffe zu Verfügung standen. Und für einen sprunghaften Anstieg der Frachtraten sorgten 2022 die hohen Ölpreise.

2024 sind die Energiekosten nicht der Haupttreiber der gestiegenen Frachtraten, sondern die politischen Unruhen. Dazu kommt, dass der Anstieg des Welthandels bei der Preisentwicklung ebenfalls eine gewisse Rolle spielt. Die Experten von Allianz Trade betonen jedoch, dass dieser Faktor maximal 15 % Anteil an den Raten habe.

Reedereien schlagen Profit aus der Situation

Nutznießer der aktuellen Situation sind die Reedereien. In den vergangenen drei Monaten verbesserten sich ihre Ertragsaussichten. Und Fachleute gehen davon aus, dass die Reeder die aktuelle Situation dazu nutzen, das Preisniveau künstlich oben zu halten. „Dafür sprechen gleich mehrere Fakten: Seit vier Wochen stagniert die Ratenentwicklung im Bereich der Verkehre zwischen Asien und Europa und ist zum Teil schon gesunken. Das ist ein Anzeichen, dass die Peak Season beendet ist. Es gibt zwar noch einen Rückstau, dieser dürfte aber bis Mitte September weitgehend abgebaut sein“, erläutert Patrick Merkel. Es bleibe spannend, ob die Reeder die Preise auf einem hohen Niveau halten können. „Die meisten kündigten schon an, ihre Blank-Sailing-Programme, also das Streichen von geplanten Schifffahrten oder Hafenanläufen, bis Ende September weiterlaufen zu lassen.“ Der Lieferketten-Fachmann ist sich sicher, dass die politischen Krisen der Strategie der Reeder massiv in die Hände spielen. „Sollte der Konflikt in Nahost beigelegt werden und die Angriffe der Huthi-Rebellen enden, werden die Preise sofort stark sinken“, prognostiziert Merkel.

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