02.10.17 – Leder — read English version

Piktogramm ist lizenzpflichtig!

Das über vier Jahrzehnte aufgebaute und bei Verbrauchern hoch anerkannte Piktogramm „Echtes Leder“ wird seine Marktdominanz verlieren.

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Achtung! Dieses Zeichen "echtes Leder" ist geschützt © Iris Schlomski

 
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Logo der Lederhaut aus der Bedarfsgegenständeverordnung Schuhe § 10 © Iris Schlomski

 

Das 1973 in den Verkehr gebrachte Piktogramm „Echtes Leder“ hat höchsten Bekanntheitsgrad im Handel und bei den Verbrauchern in Europa und Amerika erreicht. Das Zeichen wird seitdem aktiv genutzt, denn es garantiert, dass die wichtigsten Bestandteile des Artikels aus echtem Leder bestehen, basierend auf den entsprechenden Bezeichnungsvorschriften.

Blick zurück in das Jahr 2008/2009

Damals war die Ratlosigkeit war groß, als der italienische Zoll mehrmals Schuhlieferungen, auch von deutschen Firmen, beschlagnahmte. Grund: „Verstöße gegen Markenschutzrechte“. Mehr als vier Jahrzehnte war das Piktogramm „Echtes Leder“ Allgemeingut und präsent auf vielen Millionen Hang-tags oder eingeprägt in Ledersohlen und auf Gürtelinnenseiten aufgedruckt. Was ist passiert?

In den 70er Jahren entwickelte sich Leder zu einem attraktiven Boomartikel mit entsprechender Labelvielfalt. Auch Kunststoffe mit lederähnlichen Optiken drängten auf den Markt. Manche mit Etiketten ausgestattet, die eine Lederähnlichkeit, z. B. Antilopenweich, symbolisierten. Für die Verbraucher wurde es immer schwieriger, echtes Leder und Fakes zu unterscheiden.

Die starke Ledernachfrage ließ die europäische Gerbindustrie aufblühen. Sie präsentierte sich als starke Wirtschaftsgröße, vertreten durch Fachverbände in jedem europäischen Land, z. B. Verband der deutschen Lederindustrie (VDL). 1973 beschlossen 17 europäische Gerberverbände, darunter auch Deutschland, vereinigt im internationalen Gerberverband = International Council of Tanners (ICT), das Piktogramm „Echtes Leder“ zu etablieren. Ziel war, endlich ein international einheitliches Zeichen in den Verkehr zu bringen. Dieses Zeichen wurde von der Europäischen Föderation der Gerber übernommen. Jedes Mitglied hatte die Möglichkeit, dieses Zeichen in seinem Land schützen zu lassen und auch entsprechend zu vermarkten.

Nur die italienische UNIC (Unione Nazionale Industria Conciaria) ließ sich das Piktogramm als Markenzeichen eintragen. Somit ist die UNIC alleiniger Inhaber der Markenrechte für Italien und Europa.

Markenrechtlich geschützt ist der leere Rahmen des kräftig gezeichneten Hautumrisses und die Kombination mit dem Begriff „Echtes Leder“! Für die Nutzung werden Lizenzgebühren fällig, auch Garantien bezüglich Verbraucherschutz relevanter Kriterien müssen belegt werden.

Die gestiegenen Zollkontrollen und Forderungen bezüglich Lizenzgebühren wollte der französische Schuhhersteller Eram nicht akzeptieren. Es wurde gegen UNIC Klage beim Mailänder Gerichtshof eingereicht. Ergebnis: Die Markeneintragung des Häutesymbols wurde durch das Gericht als unzulässig erklärt. Das Argument: Das Häutezeichen „Echtes Leder“ hat sich in seiner Laufzeit seit 1973 in den wichtigsten Verbraucherländern inklusive USA mit hohem Bekanntheitsgrad etabliert. Es dient der wichtigen Verbraucheraufklärung bezüglich Leder. Doch UNIC ging in Revision und gewann den Prozess.

Wie reagiert der Markt?

Der Verband deutscher Lederindustrie (VDL) empfiehlt den deutschen Schuhherstellern zur Verwendung das Logo der Lederhaut aus der Bedarfsgegenständeverordnung Schuhe § 10, d. h. eine dünn gezeichnete, leicht verzogene Hautform. Das Zeichen ist zunehmend auf diversen Hang-tags zu sehen. Viele Neuschöpfungen mit genau gezeichneten Hautumrissen oder kreativ angedachten Lederformen tauchen zunehmend im Handel auf. Neue Lederlabels mit denen das Markenrecht umgangen werden soll, belegen, dass die Bereitschaft an UNIC Schutzgebühren zu bezahlen nicht vorhanden ist.

Die Folge

Das über vier Jahrzehnte aufgebaute, bei Verbrauchern hoch anerkannte Piktogramm „Echtes Leder“ wird seine Marktdominanz verlieren wird und womöglich sogar in Vergessenheit gerät. Fachleute sind 1973 angetreten, die Label-Vielfalt zu beenden, die jetzt wieder aufblühen wird. Gleichzeitig sieht es nicht so aus, dass UNIC sich mit Lizenzgebühren eine goldene Nase verdienen wird. Ein echtes Trauerspiel.

Ein Beitrag von Sonja Langer-Korsch

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