09.12.20 – Nachhaltigkeits-Startups – Folge 2: dimpora AG (Zürich/CH)

Ziel Zero (2): Das Unmögliche wagen

Alles, was wir an Bekleidung tragen, sollte entweder recycelbar oder vollbiologisch abbaubar bzw. verrottbar sein. Innovative Start-ups zeigen Wege auf.

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Textile Quereinsteiger als Gründer: Dr. Mario Stucki und Dr. Anna Beltzung © dimpora

 
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Erstes Label mit den innovativen Membranen von dimpora: Rotauf-Jacke © dimpora

 
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Der Gedanke fasziniert Textilforscher wie auch Newcomer im Textil- und Modebereich gleichermaßen: Eines möglich frühen Tages sollte alles, was wir an Bekleidung tragen, entweder recycelbar oder vollbiologisch abbaubar bzw. verrottbar sein. Dafür sind keine Patentrezepte in Sicht, wohl aber Einzelschritte, die mit neuen Materialien und Technologien in die richtige Richtung zielen. textile network (TNW) stellt in lockerer Folge Start-ups aus dem deutschsprachigen Raum vor, die mit Blick auf eine verbesserte Kreislaufwirtschaft deutlich die Grenzen des bisher Möglichen sprengen.

  • Folge 2: dimpora AG (Zürich/CH)

3D-Membranen auch zum Aufsprühen: Fluorfreie Neuentwicklungen mit Funktions- und Umweltplus

Das Züricher Start-up Dimpora – eine der 19 Ausgründungen aus der Eidgenössischen Technischen Hochschule aus dem Vorjahr – will mit umweltfreundlichen und fluorfreien Membranen die Outdoor-Industrie revolutionieren. Beide Gründer sind als Chemieingenieure Quereinsteiger in die Textilproblematik. Sie fanden während der Doktorarbeit zusammen, um mit eigens entwickelten Membranen ein nachhaltiges Ausrufezeichen zu setzen. Ihre Entwicklungen führten zu einer neuartigen Generation von Hochleistungsmembranen in 2D und 3D, die vollkommen frei von bioakkumulierbaren Toxinen sind. Produkte auf dieser Grundlage sind mikroporös, wasserdicht und trotzdem hoch atmungsaktiv. Sechs Fragen an das Gründerduo Dr. Mario Stucki und Dr. Anna Beltzung:

textile network: Sie wollen 2021 Ihren Nachhaltigkeitsanspruch weiter auf die Spitze treiben – womit?

Wir hatten zuerst mit der Ablösung von per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) begonnen, haben uns dann den alternativen Lösungsmitteln und kreislauffähigen Materialien zugewandt. 2021 will unser Start-up seine Wachstumsphase mit signifikanten Umsätzen einleiten. Basis dafür sind unsere dimpora eco pur Membranen als erste Produktlinie. Damit nehmen wir Kurs auf mittelgroße Kollektionen von bekannten Brands. Gestartet sind wir mit der Schweizer Firma Rotauf, nach Ostern nächsten Jahres werden wir eine erste kleine Kollektion bei einem großen Modehaus mit unseren Membranen ausrüsten.

dimpora AG (Zürich, Schweiz) auf einen Blick:

  • Gründung: 2019

  • Gründer: Dr. Mario Stucki (30); Dr. Anna Beltzung (30)

  • Mitarbeiter: 6

  • Alleinstellung: Herstellung der nächsten umweltfreundlichen Generation funktioneller Membranen

  • Patente: 3 Patentanmeldungen

  • www.dimpora.com

textile network: Umweltfreundliche Membranen – Was geht da entwicklungsseitig noch?

Für unseren Umwelt-Fokus ist es wichtig, stets neues und nachhaltiges Material ausfindig zu machen und es für unsere Membranen einzusetzen. Intern ist die Möglichkeit gegeben, die Membranen durch den Einsatz weiterer innovativer Materialien zu verbessern. Das würde der Industrie in größerem Maße die Verwendung von umweltneutralen Membranen erlauben, die es heute so noch nicht gibt. Weil wir selbst noch keine große Produktion haben, kann die zweite Stellschraube in Richtung Nachhaltigkeit von uns erst nach entsprechender Ausweitung gedreht werden: den Herstellungsprozess optimieren und dabei solche Faktoren wie Produktionsabfall, Energieverbrauch und Transport zu reduzieren.

textile network: Auf welche Eigenentwicklungen sind Sie besonders stolz?

Die Tatsache, dass wir 3D-Membranen im Programm haben, war und ist für uns eine große Sache und bleibt super spannend. Sie können auf verschiedenste Weise beispielsweise auf eine Jacke appliziert werden: Sie kann auf das Textil gesprüht, gestrichen oder tauchbeschichtet werden. So wird eine Einschränkung der Membranaktivität beispielsweise durch Schneiden, Nähen und Nahtkleben vermieden. Ferner können Fehlertests und Abfall reduziert werden.

textile network: Wie steht ihr Unternehmen in fünf Jahren, also 2025, da?

Wir sehen uns dann von Zulieferung über Produktion und Absatz komplett international aufgestellt. Bis dahin ist die dimpora AG so skaliert, dass auch die ganz großen Brands von uns Material beziehen können. Wir werden in absehbarer Zeit weiterhin Premiumanbieter sein und nicht die großvolumigen und tiefpreisigen Segmente bedienen. Bis zur Mitte der Zwanzigerjahre wollen wir auf 30 Mitarbeiter anwachsen; produziert wird dann weiterhin über Partner entsprechend der lokalen Anforderungen in Europa und Asien und vielleicht auch in Nordamerika.

textile network: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, wie würde dieser lauten?

Dass die gerade anstehende Finanzierungsrunde bald erfolgreich abgeschlossen wird, um den Übergang von Seed zur Wachstumsphase des Unternehmens abzusichern. Gleichrangig wäre der Wunsch, mit der Markteinführung unserer neuen Produkte zugleich auch offene Türen bei den Kunden einzurennen. Wir betonen das deshalb, weil nicht jeder Einkäufer von Membranen und Laminaten den Umweltgedanken bereits verinnerlicht hat.

textile network: Eine letzte Frage zur Coronakrise ... Wie hat sich die Pandemie bislang auf Ihre Firma ausgewirkt?

Natürlich wurden auch wir ausgebremst, mussten beispielsweise auf aktive Kontaktarbeit nach der diesjährigen Weltsportmesse ISPO verzichten. Durch die Pandemie konnten wir zudem die Produktion in Asien nicht so forcieren wie es eigentlich für 2020 geplant war. Positiv für uns dagegen war, dass wir durch das Virus plötzlich mehr Zeit hatten, unsere eigenen Entwicklungen voranzutreiben. Auf der Abnehmerseite ist zu beobachten, dass nach diesen Monaten des Stillstands einige jetzt aufgeschlossener für Neues sind, zumal wenn damit deutliche Nachhaltigkeitseffekte verbunden sind.