05.08.24 – Medizinische Textilien — read English version
Die inneren Werte zählen
Empa-Forschende haben „Flüssigkernfasern“ entwickelt, die Medikamente in ihrem inneren enthalten und in medizinische Textilien integriert werden können. Dies bietet eine innovative Lösung für die kontrollierte, langfristige Abgabe von Medikamenten.
Sollen Medikamente lokal – und vor allem über längere Zeit kontrolliert – abgegeben werden, stoßen medizinische Produkte wie Salben oder Spritzen an ihre Grenzen. Edith Perret aus dem Empa-Labor „Advanced Fibers“ in St. Gallen entwickelt daher medizinische Fasern mit ganz besonderen „inneren Werten“. Die Polymerfasern umschließen einen flüssigen Kern mit medizinischen Wirkstoffen. Das Ziel sind medizinische Produkte mit besonderen Fähigkeiten, z. B. chirurgisches Nahtmaterial, Wundverbände und Textilimplantate, die Schmerzmittel, Antibiotika oder Insulin präzise über einen längeren Zeitraum verabreichen können. Angestrebt ist zudem eine individuelle Dosierbarkeit im Sinne einer personalisierten Medizin.
Polycaprolacton (PCL), ein bioverträgliches und bioabbaubares Polymer, dient als Mantel für diese Fasern, welche in einer speziellen Pilotanlage hergestellt werden. Laborversuche zeigen, dass kleine Moleküle wie Ibuprofen durch den Mantel diffundieren, während größere Moleküle an den Enden der Fasern freigesetzt werden. Die Abgabe der Wirkstoffe kann durch Parameter wie Manteldicke und Kristallstruktur gesteuert werden. Diese Technologie eröffnet vielfältige Anwendungen, einschließlich der Möglichen Verwendung für Hormonersatztherapien. Zukünftige Kooperationen mit klinischen Partnern sollen weitere innovative Anwendungen fördern.
Literatur: M. Röthlisberger, S. Dul, P. Meier, G. Giovannini, R. Hufenus, and E. Perret; Drug delivery with melt-spun liquid-core fibers; Polymer (2024); doi: https://doi.org/10.1016/j.polymer.2024.126885
Quelle: Dr. Six, Andrea (2024, März 11): „Innere Werte“. Empa Quaterly 83. https://www.empa.ch/web/s604/eq83-medizinische-textilien