19.11.20 – Coronavirus
IVGT: 6. Eilumfrage bei Mitgliedsunternehmen
Wieder stark steigende Corona-Neuinfektionen, wieder ein Lockdown. Schlägt sich das auf das produzierende Textilgewerbe nieder? Und wenn ja, wie?
Anfang November wurden die IVGT-Mitgliedsunternehmen zum sechsten Mal in Folge zu ihrer Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in Zeiten der Corona-Pandemie befragt.
- Für den Monat September und damit für das 3. Quartal 2020 war eine leichte Erholung zu verzeichnen.
- Im Oktober nahmen die Stornierungen von Aufträgen weiter ab.
- Nur noch 9 Prozent der Unternehmen meldeten Stornierungen.
Dies ist seit Beginn der Umfrage Anfang April der niedrigste Wert, der bis zur aktuellen Umfrage durchschnittlich bei 50 Prozent lag. Auf der anderen Seite nahmen die Auftragseingänge im Oktober mit 37 Prozent (im Vergleich zum Vorjahresmonat) weiter zu (ein Plus von 68 Prozentpunkten zu September 2020).
Allerdings kamen bei 41 Prozent der befragten Unternehmen weiterhin weniger bis keine Aufträge an.
- Mit 69 Prozent planen wieder mehr Betriebe Kurzarbeit. Im September waren es 66 Prozent. Im Mai lag der Höchststand bei 85 Prozent.
Eine komplette Betriebsschließung planen im Vergleich zum Vormonat auch (wieder) mehr Betriebe – im September waren es 3 Prozent, im Oktober 6 Prozent.
Im April hatten 23 Prozent der befragten Unternehmen die Möglichkeit einer Betriebsschließung erwogen.
Die Frage, ob Mitarbeiterentlassungen geplant sind bzw. anstehen, bejahten 16 Prozent der Teilnehmer – ein weiterer leichter Rückgang zum Vormonat September. Allerdings haben die Betriebe das Problem, dass Mitarbeiter aufgrund von Quarantäne-(Vorsichts-)Maßnahmen immer wieder fehlen. Unterbrechungen in der Lieferkette hatten über den Sommer hinweg kontinuierlich abgenommen, aber die Probleme nehmen aktuell wieder zu. Meldeten im September 16 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten, so waren es im Oktober bereits wieder 28 Prozent. Dies kann sicherlich mit den wieder in ganz Europa beschlossenen Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie begründet werden. Vor allem das Verarbeitende Gewerbe ist über den Bezug von Vorleistungsgütern und den Export von Gütern global verflochten, insbesondere mit den anderen EU-Mitgliedstaaten.
- „Etwa zwei Drittel der importierten Vorleistungen im Verarbeitenden Gewerbe stammen dabei aus einem Mitgliedstaat der EU. Eine ähnliche Verflechtungsstruktur des Verarbeitenden Gewerbes ist in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten zu beobachten. In 20 der 27 Mitgliedstaaten werden mehr als die Hälfte der importierten Vorleistungen aus anderen Mitgliedstaaten importiert. Dies verdeutlicht die starke Verflechtung innerhalb der EU sowie die hohe Bedeutung, die funktionsfähige Lieferketten für die Wertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe besitzen.“ (Wirtschaftsdienst, ZBW-Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, 100. Jahrgang, 2020, Heft 6, S. 410–415).
Diese Probleme zeigen sich dementsprechend auch wieder verstärkt bei der Verfügbarkeit von Roh- und Hilfsstoffen. Im September hatten 22 Prozent der Umfrageteilnehmer über Schwierigkeiten berichtet, im Oktober waren es bereits wieder 39 Prozent der Unternehmen, die Schwierigkeiten meldeten (ein Plus von 77 Prozentpunkten). Dieser Wert erreicht fast die Werte wie zu Beginn der Pandemie im März mit 44 Prozent und im April mit 49 Prozent, als in Europa, aber auch weltweit, noch sehr viel striktere Maßnahmen galten und die Ländergrenzen geschlossen waren.
- Engpässe bestehen vor allem bei Farbstoffen, beispielsweise bei Säure- und Metallkomplexfarbstoffen aus Asien und zur Zeit auch wieder bei Salzsäure.
- Die Vliesstoffversorgung innerhalb Europas stockt, Trägergewebe sind nicht verfügbar,
- Garne sind nicht ausgesponnen und es herrschen wieder längere Lieferzeiten.
- Zudem wird aus dem Mitgliederkreis berichtet, dass Lieferanten ihre Preise wieder erhöhen.
Bei jeder Umfrage werden die Unternehmen danach gefragt, ob sie die Maßnahmen der Bundesregierung, Länder und Kommunen für ausreichend erachten. Im September waren 77 Prozent der Betriebe mit den Maßnahmen zufrieden, während im Oktober nur noch 52 Prozent der Befragten diese Frage mit Ja beantworteten (im Vergleich zu September ein Minus von 32 Prozentpunkten). Dieses Ergebnis ist womöglich ebenfalls vor dem Hintergrund des aktuell geltenden Teil-Lockdowns zu sehen.
Nötige Maßnahmen bzw. Handlungsbedarf
Nötige Maßnahmen bzw. Handlungsbedarf sehen die Unternehmen weiterhin u. a. in der Reduzierung der Energiekosten (CO2-Abgabe), in einem leichteren Zugang zu Fördermitteln (auch für nicht KMU), in staatlichen Zuwendungen für Teilbetriebe aus größeren Gruppen und/oder in der Umwandlung von Kreditlinien in Förderungen, auch für Unternehmen mit 10 bis 30 Prozent Umsatzrückgang.
- Anfang März 2020 herrschte ein großer Mangel an persönlicher Schutzausrüstung wie beispielsweise FFP2-Masken, Mund-Nasen-Schutz, Kitteln und Anzügen. Fast jedes zweite Unternehmen der deutschen Textil- und Modeindustrie sprang damals in die Versorgungslücke und begann kurzfristig seine Produktion umzustellen. Die Produktion betrug in den Hochzeiten des Lock-Downs im April und Mai schließlich rund 22 Mio. Masken pro Woche, die von den mittelständischen Unternehmen zum Schutz vor dem Corona-Virus produziert wurden (PM, t+m, 05.05.2020).
Laut der ersten IVGT-Umfrage Ende April hatten 57 Prozent der befragten Unternehmen ihre Produktion zwischenzeitlich entsprechend umgestellt. Nach gut sechs Monaten wollte der IVGT wissen, wie sich diese Produktionsumstellung bei den Unternehmen ausgewirkt hat. Da bei jeder Umfrage die Antworten aus einem wechselnden Teilnehmerkreis kommen, können die Antworten aus April nicht eins zu eins mit den Antworten aus Oktober verglichen werden, daher wurden die Antworten beider Monate zusammengefasst und werden als Trend gesehen. Demnach hat sich die Produktion für 52 Prozent der Unternehmen gelohnt, wovon 26 Prozent die Produktion von Mund-Nasen-Masken weiter ausbauen wollen. Für 3 Prozent der Befragten hat sich die Produktionsumstellung nicht gelohnt.
Michael Pöhlig, Hauptgeschäftsführer IVGT