13.10.16 – Autoren: S. Schriever, G. Seide, T. Gries

Recycling von Polyacrylnitril-haltigen Textilien

Das Thema des weltweiten Klimawandels wird fast täglich durch die Medien an uns herangetragen. Als Ursache für den Klimawandel wird hauptsächlich die Emission von Treibhausgasen angeführt. Zur Verlangsamung und Stopp des Klimawandels werden in Deutschland und der Europäischen Union verschiedene Maßnahmen und Gesetze wie das „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ der deutschen Bundesregierung erlassen.

Abbildung 1: Einsparpotentiale für Deutschland und der EU an CO2-Emissionen und Energie pro Jahr in Abhängigkeit der PAN-haltigen Textilabfälle.
 
Abbildung 2: Schematische Darstellung zur Schließung eines internen Materilakreislaufes in der Deckenproduktion.
 

Das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 hat das Ziel die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 40 % gegenüber dem Jahr 1990 zu senken und schlägt Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels in verschiedenen Sektoren vor. Zentrale politische Maßnahmen werden beispielsweise zur Minderung von nicht energiebedingten Emissionen in der Industrie und im Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistung (GHD) getroffen. Ein konkreter Ansatzpunkt ist hier die Stärkung des Recyclings.

Im Bereich der Textiltechnik ergeben sich Potentiale nicht genutzte Ressourcen, wie Produktionsabfälle die während der Filamentherstellung und Weiterverarbeitung anfallen, als Sekundärrohstoffquellen einzusetzen. Ein Kandidat ist die Polyacrylnitrilfaser (PAN-Faser), die mit einer Produktionsmenge von 173.000 t/a im Jahr 20015 nach Polyesterfasern die meist produzierte Chemiefaser in Deutschland ist. Mit Hilfe eines geeigneten Recyclingverfahrens und –systems können Polyacrylnitril-haltige Textilabfälle durch Nutzung als Sekundärrohstoff gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen, hier PAN Polymer, zur Minderung von CO2-Emissionen in Deutschland, der EU und weltweit beitragen. Zur Veranschaulichung der Einsparpotentiale im Bereich der Treibhausgasemissionen und Energie sind in Abbildung 1 die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch zur Herstellung von PAN (Polymer) dargestellt. Die tatsächlichen Einsparungen von CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs stehen in Abhängigkeit zum Aufbereitungsprozess, in welchem aus PAN-haltigen Textilabfällen PAN-Polymer zur Herstellung neuer PAN-Fasern gewonnen wird.

Aus ökonomischer Sicht kann das Recycling von PAN-haltigen Textilabfällen ebenfalls Vorteile für PAN-Faser herstellende und verarbeitende Betriebe in Europa mit sich bringen. Im Bereich der Faserherstellung fällt rund 1 % des eingesetzten PAN Polymers als Produktionsabfall an. In der Verarbeitung sind es über verschiedene Prozessschritte gemittelt ungefähr 6 %. Bei Betrachtung der jährlich anfallenden Produktionsabfälle in ganz Europa ergeben sich Mengen von ungefähr 25.000 t/a. Der Marktpreis von PAN-Fasern liegt je nach Qualität bei ca. 2,00 €/kg, so fallen in ganz Europa PAN haltige Produktionsabfälle im Wert von 50.000.000 € pro Jahr an. Diese Produktionsabfälle werden in den meisten Fällen der thermischen Verwertung zugeführt, als Füllstoffe genutzt oder bei geeigneter Beschaffenheit zu Produkten minderwertiger Qualität (Downcycling) wie Mischgarnen oder ‑vliesen verarbeitet, deren Zusammensetzung meist unbekannt ist. Durch die Nutzung dieser Abfälle als Sekundärrohstoff könnte ein wesentlicher Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit PAN-haltigen Textilabfällen geleistet werden.

In Kooperation zwischen der Hermann Biederlack GmbH & Co KG, Greven, und dem Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen (ITA) wurde innerhalb des Projektes RePAN die generelle Spinnbarkeit von recycelten PAN-Fasern aus PAN-haltigen Textilabfällen, die während der Produktion von Wohndecken anfallen, erfolgreich im Labor- und technischen Maßstab nachgewiesen. In Abbildung 2 ist eine Prozesskette zur Schließung eines internen Materialkreislaufes in der Deckenproduktion dargestellt.

PAN-haltige Produktionsabfälle, die während der Verarbeitung von PAN-Fasern anfallen, sind in verschiedenen Farben gefärbt. Aus diesem Grund weisen auch recycelte PAN-Fasern, die aus bunten Produktionsabfällen hergestellt werden, eine nicht definierte Farbgebung auf. Dies ist für die Verarbeitung zu textilen Produkten, die im sichtbaren Bereich eingesetzt werden, nicht akzeptabel. Für den Einsatz im sichtbaren Bereich müssen recycelte PAN-Fasern folglich überfärbbar sein. Die Überfärbbarkeit wurde ebenfalls im Projekt RePAN untersucht. Als Ergebnis sind recycelte PAN-Fasern, die bezüglich ihrer Farbechtheit im Bereich von Neuware liegen, erhalten worden.

Zusammenfassend bieten PAN-haltige Textilabfälle ein hohes Potential für Recycling-Prozesse sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht. Die generelle Umsetzbarkeit des beschriebenen Recyclingprozesses konnte im Projekt RePAN auf technischer Ebene erfolgreich nachgewiesen werden. Zukünftige Aktivitäten im Bereich des PAN Recyclings sollten sich mit einer ressourcen- und energieeffizienten Aufbereitung von PAN-haltigen Textilabfällen sowie mit der Verarbeitung recycelter PAN-Fasern beschäftigen. Darüber hinaus müssen Modelle für ein ganzheitliches Recyclingsystem und darauf aufbauende Geschäftsmodelle entwickelt werden.