28.04.21 – Messe-Duo Techtextil/Texprocess
Keine Messe in 2021 – und nun?
Die Texprocess ist die internationale Leitmesse der Branche. Den Kunden der Branche fehlt die internationale Plattform. Interview mit Elgar Straub.
textile network: Die Absage des Messeduos Techtextil/Texprocess ist verständlich, doch was bedeutet das für die Branche der Technologieanbieter bzw. Ihre Verbandsmitglieder?
Elgar Straub: Es ist sehr schade, dass die Messe verschoben werden musste. Die Texprocess ist die internationale Leitmesse der Branche. Durch ihre Verschiebung fehlt insbesondere den Kunden der Branche die internationale Plattform, um aktuelle technologische Innovationen und Entwicklungen zielgenau vergleichen zu können. Gleichzeitig nimmt die Verschiebung gerade für die mittleren und kleineren Ausstellern die Möglichkeit, ihre Produkte einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Unter den aktuell andauernden Bedingungen der weltweiten Reise- und Kontaktbeschränkungen war die Verschiebung aber unvermeidlich. Umso gespannter blickt die Branche auf die Texprocess im Juni 2022 als Neustart nach der Pandemie.
textile network: Manche meinen, ohne Messe fehle den Firmen der Innovationsschub. Wie sehen Sie das?
Elgar Straub: Natürlich fehlen den Unternehmen auf Besucher- und Ausstellerseite die Messen und damit die Vergleichbarkeit von aktuellen technischen Entwicklungen. Tatsächlich wird momentan seitens der meisten Kunden wenig in Technologie investiert. Damit bleiben zwangsläufig auch Innovationen auf der Strecke.
textile network: Die Rückmeldung von Anwender auf Entwicklungen – maßgeblich für die Beteiligung der Aussteller an Messen – fällt in diesem Jahr nahezu komplett aus. Welche Auswirkungen auf die kommende Zeit wird dies haben?
Elgar Straub: Natürlich haben die Aussteller auch ohne die Messen immer wieder Kundenkontakte. Insbesondere die Digitalisierung macht hier Manches möglich, aber eben nur individuell. Von daher gibt es die Rückmeldung der Anwender auf technische Entwicklungen, aber eben nicht individuell und nicht in der Breite. Die Herausforderung ist aber vielmehr, dass die Kunden aktuell oft gar nicht die finanziellen Spielräume zu Investitionen haben. Und das behindert auch die Innovationen nachhaltig.
textile network: Blick auf 2021: Wie laufen die Geschäfte Ihrer Verbandsmitglieder auf internationaler – sprich asiatischer – Bühne? Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Geschäftsentwicklung Ihrer Mitglieder?
Elgar Straub: Für alle TFL-Branchen (Näh- und Bekleidungstechnik, Schuh- und Ledertechnik und Wäscherei- und Textilreinigungstechnik) ging im Jahr 2020 der Umsatz um 23 Prozent (preisbereinigt) und der Auftragseingang um 24 Prozent (preisbereinigt) im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die Exporte der Näh- und Bekleidungstechnik nach Asien gingen im Jahr 2020 im Vorjahresvergleich um 23 Prozent zurück. Dies bedeutete für die Technologieanbieter kurz- und mittelfristig dramatische Umsatzeinbußen. Denn die Näh- und Bekleidungsindustrie sowie die Verarbeitung von Technischen Textilien sind stark in die globalen Lieferketten eingebunden und gehören daher zu den am stärksten von der Covid-19-Krise betroffenen Branchen. Und die Endkunden, also die Verbraucher haben weltweit vor allem erheblich weniger Bekleidung eingekauft.
Auch in diesem Jahr steht der Branche ein schwieriges Jahr bevor, denn die Verbraucher und damit auch unsere Kundenbranchen halten sich noch mit Investitionen stark zurück. Vor allem in Asien spürt man allerdings schon einen Anstieg an Investitionen, besonders der chinesische Markt hat sich schnell erholt. Auch in den USA geht es vor allem bei der Verarbeitung von Technischen Textilien bergauf.
Weltweit wird es aber erst richtig losgehen, wenn die allgemeine Stimmung bei den Menschen wieder besser wird. Da hoffen alle auf eine zügige Durchimpfung. Dann wird es auch bei den Investitionen eine deutliche positive Veränderung geben.
textile network: In diesem Jahr ist die FFW geplant – wird es hier eine Beteiligung Ihres Verbandes respektive von Verbandsmitgliedern geben. Wenn ja, können Sie schon etwas darüber verraten?
Elgar Straub: Eine direkte Beteiligung des VDMA TFL ist nicht geplant. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auf dem ein oder anderen Event mitwirken würden. Meines Wissens ist die Durchführung bisher weiter geplant. Aber leider hängt im Moment ja alles vom Fortschritt der ziemlich zähen Impfkampagne in Deutschland ab und die Entscheidungen der Behörden werden entsprechend getroffen.
textile network: Schwerpunkt SDGs – ist hierzu passend schon ein Impuls in der Branche, näher am europäischen Markt zu produzieren, spürbar?
Elgar Straub: Die Impulse waren in den vergangenen Jahren tatsächlich spürbar. Aber tatsächlich sind diese Entwicklungen durch die Corona-Pandemie in den Hintergrund gerückt. Nach der Pandemie brauchen wir auch bei diesem Thema eine neue Standortbestimmung.
textile network: Erwarten Sie/Ihre Mitglieder Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Absatz von Maschinentechnologien? Und wenn ja, welche?
Elgar Straub: Durch die Pandemie gab es einen starken Nachfragerückgang nach Technologien und eine starke Zurückhaltung bei Investitionen. Doch wir gehen davon aus, dass nach der Pandemie die Technologien wieder stark gefragt sein werden. Denn Bekleidung und Technische Textilien werden auch in Zukunft vermehrt benötigt werden und daher auch die entsprechenden Technologien zur Produktion. Es wird spannend sein, zu sehen, wie sich Gewichtungen und Strategien und damit auch Technologiesegmente in der Brache entwickeln werden. Eine Grundsatzfrage wird dabei natürlich das zukünftige Verhältnis zwischen Online-Handel und herkömmlichen Handel sein. Tatsächlich braucht man aber für jede Produktion Maschinen und Technologien.
textile network: Ein Blick auf 2022 – was erwarten Sie für das kommende Jahr? Welche Rolle wird die Nachhaltigkeit bei den Technologie-Entwicklungen spielen? Welche Neuheiten wird es im Bereich der Digitalisierung geben?
Elgar Straub: Für das Jahr 2022 erwarten wir einen starken Anstieg der Investitionen der Kundenbranchen und damit eine Besserung bei den Auftragseingängen und Umsätzen der Technologieanbieter. Denn wenn sich die weltweite Stimmung bessert, werden auch die Kaufbereitschaft und damit die Maschinenbestellungen steigen. Ein herausragender Treiber wird dabei das Thema Nachhaltigkeit sein. Es wird wieder ganz klar in den Fokus der Menschen und damit auch unserer Kunden rücken. Energieverbrauch, Effizienz, Rohstoffverbrauch, Microplastik, CO2-Belastung, und die Themen Recycling und Kreislaufwirtschaft werden bei den technologischen Innovationen im Fokus sein – natürlich Hand in Hand mit der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung der Produktions- und Lieferketten. Daher schauen wir mehr als gespannt auf das Jahr 2022 und die nächste Ausgabe des Messeduos Techtextil/Texprocess.
Herr Straub, vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen für textile network stellte Iris Schlomski.