19/09/2019 – Buchtipp: Materials in Progress

Innovationen für Designer und Architekten

70 Prozent aller Produktinnovationen werden auf neue werkstoffwissenschaftliche Erkenntnisse zurückgeführt. Entsprechend wichtig ist es, sich zu informieren.

Materials-In-Progress.jpg

Materials in Progress stellt die aktuellen Werkstoffinnovationen der letzten Jahre im Kontext von acht Megatrends vor und macht ihren Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung anschaulich. U. a.: duftende Kacheln, heilende Fasern, Textilien aus Brennnesseln. © Birkhauser

 

Und genau hier setzt das neue Werk „Materials in Progress – Innovationen für Designer und Architekten“, das im Juni 2019 im Birkhäuser Verlag erschienen ist, an. Übersichtlich gestaltet, nach Themen sortiert, ist darin der Status Quo an innovativen Werkstoffen auf 250 Seiten aufbereitet. Dieses Nachschlagewerk hat es wirklich in sich. Denn Materialinnovativen beeinflussen die Entwicklung der Menschheit seit jeher und neue Materialien lösen immer große Veränderungen in Gesellschaft, Umwelt und Technik aus.

Die Materialforschung macht Funktionen möglich, die eine neue Generation von Produkten nach sich ziehen wird. Gleichzeitig verschieben Forscher die Grenzen des Machbaren stetig und kreieren Materialien, die unseren Alltag entscheidend verändern werden. Aktuell stehen wir in vielen Bereichen vor dem nächsten großen prägnanten Wechsel von Technologien mit disruptivem Charakter, ob Mobilität, Konsum oder Energieversorgung.

Materialentwicklungen weisen uns in vielerlei Hinsicht den Weg in die Zukunft.

In der Industrie werden Werkstoffe benötigt, die mit sehr viel weniger Ressourceneinsatz als das etwa noch vor 20 Jahren der Fall war, Funktionen realisieren können und leichter, dünner, dichter sowie mechanisch fester ausgestaltet sind und zudem die Potenziale einer digitalisierten Welt befördern.

Designer und Architekten wiederum setzen sich häufig mit Fragestellungen zur Nachhaltigkeit und der drohenden Ressourcenknappheit auseinander und entwickeln eigene Werkstofflösungen, die auf biobasierten Wertstoffen oder Abfällen aus anderen Industrien basieren und sich nach Beendigung des Lebenszyklus eines Produkts den Materialkreisläufen zuführen lassen.

Dabei werden immer wieder Ansätze wiederentdeckt, die für die industrielle Massenproduktion nicht interessant waren und durch neue Verarbeitungstechniken wie die additive Produktion zurück in das Bewusstsein treten.

Dies trifft auf verloren gegangenes Know-how bezüglich alter Handwerkstechniken ebenso zu wie auf lokal verfügbare Pflanzen oder Reststoffe, die früher von Generation zu Generation weitergegeben wurden.

Die Anzahl von Materialinnovationen ist enorm angestiegen.

In den letzten Jahren ist die Anzahl von Materialinnovationen, die von Designern entwickelt wurden, auch deshalb so enorm gestiegen, da sich ihre Vorstellungen von Produkt, Produktion und Entsorgung mit den auf dem Markt erhältlichen Angeboten nicht realisieren ließen.

Die Auseinandersetzung mit Materialien hat zu einem neuen Betätigungsfeld für Designer geführt, im dem sehr viele neue Entwicklungen zu finden sind. Dabei sind die Arbeiten vielfach den Anwendungsszenarien in der Industrie um einige Jahre voraus, so dass man davon ausgehen kann, dass das ein oder andere mit den Jahren auch durch die Industrie aufgegriffen wird: Mehr Funktionalität mit weniger Aufwand, geringere CO2-Emissionen in Produktion und Entsorgung, weniger Abfallaufkommen und deponierte Kunststoffe und eine bessere Ausgestaltung von Materialkreisläufen sind Aspekte, die die großen gesellschaftlichen Entwicklungen und Trends, die Energie-und Mobilitätswende, die Digitalisierung der verschiedenen Lebenswelten und die zunehmende Urbanisierung der Gesellschaft, befördern und positiv beeinflussen können.

Das Werk „Material in Progress“ von Diana Drewes und Sascha Peters schlägt in acht Kapiteln die Brücke von Wissenschaft und industrieller Forschung hin zu Anwendungen in Architektur und Design. Es bietet in einem handlichen Format einen fundierten Überblick über die aktuellen Werkstoffinnovationen wie etwa essbare Verpackungen, flüssiges Licht oder smarte Naturmaterialien. Kreislauffähige Textilien werden ebenso berücksichtigt wie Textilien aus Gras, Kohlenstofffasern aus Lignin, multistabile Faserverbundstrukturen, Wearable Electronics, gewebte Textilmuskeln oder 4D-Textilien. Auch die gesellschaftliche Dimension der aufgezeigten Entwicklungen wird in den Blick genommen. Ein Buch, ideal zum immer wieder Reinschauen, Blättern, Lesen und für Anregungen zu neuen eigenen Ideen, kurz: ein Must Have für Entwickler!