19/10/2016 – Coface
Kreditversicherer Coface stuft Großbritannien ab
Der Kreditversicherer Coface hat in seiner Länderbewertung Großbritannien in A3 herabgestuft. Wesentlicher Grund ist die Ungewissheit nach dem Brexit.
Die britische Premierministerin Theresa May ist in Brüssel bei ihrem ersten EU-Gipfel. Nahezu gleichzeitig hat der Kreditversicherer Coface in seiner Länderbewertung Großbritannien in A3 herabgestuft. Wesentlicher Grund ist die Ungewissheit nach dem Brexit. In Brüssel soll May in einem kurzen Vortrag über die Brexit-Vorbereitungen berichten (Göttinger Tageblatt, 20. Oktober 2016).
Europa ist destabilisiert
Europa ist nach Ansicht der Coface-Volkswirte aufgrund politischer Entwicklungen und der Bankrisiken destabilisiert. „Die politischen Risiken in Griechenland, Spanien und Italien halten an. Das größte Problem in Europa aber ist der Brexit“, heißt es in der Erläuterung zur Abstufung Großbritanniens. Während das Wachstum im Vereinigten Königreich dieses Jahr noch 1,9 Prozent betragen wird, bricht es 2017 voraussichtlich auf 0,9 Prozent ein.
„Daran dürfte auch die Zinssenkung durch die Bank of England im August und eine womöglich günstige Einigung mit der EU nichts ändern“, erklärt Dr. Mario Jung, Economist bei Coface in Mainz. Besonders der Immobilienmarkt müsse beobachtet werden, warnt Dr. Mario Jung. „Die Belastung der privaten Haushalte mit Krediten und Hypotheken beträgt 132 Prozent des verfügbaren Einkommens, die Preise sind um gut ein Drittel überbewertet. In diesem höchst unsicheren Umfeld, in dem die Modalitäten des EU-Ausstiegs noch nicht feststehen, schwankt das Britische Pfund und hat deutlich an Wert verloren, besonders gegenüber dem US-Dollar.“ So notierte das Pfund Ende Oktober auf einem 31-Jahrestief zum Dollar. Zwar profitiert der Export kurzfristig von den für die Ausfuhren günstigeren Währungsrelationen. Auf der anderen Seite bremst die Inflation die Konsumausgaben im Land.
Vier weitere Länder wurden herabgestuft, die von gefallenen Rohstoffpreisen und ihren Folgen betroffen sind: Oman, Nigeria, Trinidad und Tobago und die Mongolei. Insgesamt erkennt Coface steigende Risiken auf der politischen Ebene und im europäischen Bankensektor. Das globale Wachstum wird derzeit mit „stabil in Industrieländern und leicht verbessert in Emerging Markets“ bewertet.
Weitere Ölschock-Opfer
Die Ölpreise bleiben für die aufstrebenden Länder eine Kernfrage. Trotz des OPEC-Abkommens über die Fördermengen wird sich der Ölpreis nach Einschätzung von Coface nicht dynamisch, sondern eher moderat nach oben entwickeln. Coface prognostiziert einen durchschnittlichen Preis von 44 US-Dollar in diesem Jahr und 51 US-Dollar im nächsten. Ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage sei kurzfristig nicht zu erwarten. Diese Entwicklung hat Herabstufungen von mehreren rohstoffabhängigen Ländern in der Coface-Länderbewertung zur Folge.
In Oman (B) gehen die öffentlichen Ausgaben dramatisch zurück, das wirkt sich auf die Investitionen insgesamt dämpfend aus. Trinidad und Tobago (B) fördert deutlich weniger Gas und Öl. Die Produktion leidet zudem darunter, dass einige Ölfelder erschöpft sind und Erhaltungsarbeiten an Produktionsanlagen nötig sind. Nigeria (D) ist in einer Rezession, die Devisenreserven sind dezimiert. Die daraus resultierenden Schwierigkeiten beim Import belasten die industrielle Produktion. Die Mongolei (D) ist von der verlangsamten Wirtschaft in China betroffen. China nimmt mehr als 90 Prozent der mongolischen Ausfuhren auf. Hinzu kommen die schwachen Rohstoffpreise. Das Land steht an der Schwelle zu einer Zahlungskrise.