11.10.18 – Traceability — read English version

Rückverfolgbarkeit in der Baumwolllieferkette

Für die Rückverfolgbarkeit in der textilen Kette vom Feld bis auf die Verkaufsfläche werden derzeit verschiedene Methoden und Systeme entwickelt.

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Die Herkunft der Kleidung wird für den Verbraucher transparenter gemacht © Bremer Baumwollbörse

 

Die von der Bremer Baumwollbörse gemeinsam mit dem Faserinstitut Bremen im März in Bremen veranstaltete Internationale Baumwolltagung bot zeitgemäß ein Forum, die aktuellsten Innovationen und Verfahren zu präsentieren und zu diskutieren. Während der Session „Traceability from the Field to the Shelf – Demand, Options and Limitations” ermöglichten renommierte Forscher und Unternehmen vertiefte Einsichten in den aktuellen Stand der Methoden zur Rückverfolgbarkeit bzw. Traceability.

Derzeit ist die Tendenz zu beobachten, dass in der textilen Kette ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet wird, die Herkunft der Kleidung für den Verbraucher transparenter zu machen. Die Aussagen der Hersteller, dass Kleidung nach bestimmten Kriterien an einem bestimmten Ort hergestellt wurde, sollen nachvollziehbar gemacht werden. Nach Expertenmeinung sind die aktuell angebotenen Verfahren sehr komplex. Bei allen lassen sich Vor- und Nachteile anführen, zudem wird immer wieder die Frage nach den Kosten und der Umsetzungsfähigkeit in der Praxis gestellt.

Rückverfolgbarkeit kann folgende Funktionen haben/ Ziele erreichen:

  • Identifizierung – Nachweis der eingesetzten Rohstoffe, z. B. Herkunft und Produzent von Baumwolle
  • Authentizität – die Kompetenz, nachzuweisen, dass ein Markenprodukt echt ist
  • Quantifizierung – Nachweis, dass ein Produkt tatsächlich mit einem vorgegebenen Anteil oder zu 100 % z. B. aus Pima- oder ägyptischer oder Biobaumwolle besteht
  • Komplette Transparenz der Lieferkette – die Möglichkeit, nachzuvollziehen, welchen Weg Baumwolle innerhalb der Stufen der sehr komplexen Lieferkette gegangen ist

Drei Techniken der Rückverfolgbarkeit beherrschen den aktuellen Diskurs: DNA-basierte Methoden, „Tag and Trace“- bzw. Markierungs- und Rückverfolgungssysteme, bei denen Informationen an die Faser angefügt werden, und Blockchain-Technologien. Letzteres ist eine Art digitale, dezentrale Transaktionsdatenbank zur Erfassung von verschlüsselten Transaktionen von einer Produktionsstufe zur nächsten.

Blockchain bei Hugo Boss

Heinz Zeller, Head of Sustainability & Logistics bei HUGO BOSS, präsentierte eine Umsetzung der Blockchain in der Baumwolllieferkette. Er machte deutlich, wie es anhand von Blockchain-Technologie möglich ist, alle Transaktionen zwischen den Stufen der Wertschöpfungskette zu ordnen und zu verwalten. Jeder Partner in der Lieferkette kann anderen Partnern bestimmte Zugangsrechte zu Informationen gewähren und so einen Beitrag zur Transparenz leisten.

Außerdem ist es möglich, Blockchain auf weitere Service-Anbieter auszuweiten, um die Sorgfaltspflichten durch sicheren und kontrollierten Zugriff auf Informationen zu erfüllen. Blockchain kann die operativen Kosten senken und die Logistik beschleunigen sowie Betrug eliminieren und personalisierte Kundenerfahrung ermöglichen.

„DNA Fingerprinting“ mit Oritan

Wie die Nutzung von sogenannten „DNA Fingerprints“ für die Rückverfolgbarkeit aussehen kann, zeigte Sam Lind, Science Commercialisation Director bei Oritain, in seiner Präsentation. Baumwolle nimmt während ihres Wachstumszyklusses verschiedene chemische Elemente und Isotope ihrer direkten Umgebung aus dem Boden und der Umwelt auf. Daraus entwickeln sich Identifizierungsmerkmale, die der Baumwolle einen individuellen Fingerabdruck je nach Anbauort verleihen.

Oritan baut eine Sammlung von Baumwollproben aus der ganzen Welt auf, um diese zu analysieren und die jeweiligen Fingerabdrücke zu identifizieren. Somit kann die Herkunft von Baumwollprodukten anhand dieser „Fingerprint“-Datenbank überprüft werden. Die Oritan-Datenbank enthält Baumwollproben aus den USA, Brasilien, Westafrika, Europa und Türkei, Ägypten, Südasien, Zentralasien, West- und Ostchina sowie Australien.

DNA Tag & Trace mit Haelixa

Gediminas Mikutis, Mitgründer und CTO von Haelixa, präsentierte ein DNA-basiertes Tag & Trace-System, mit dem die “Vaterschaft” der Baumwolle in einem fertigen Produkt, z. B. einem T-Shirt, festgestellt werden kann. Zur Identifizierung werden DNA-Sequenzen in kleinste, unsichtbare Partikel eingekapselt und anschließend nach der Ernte auf die Baumwolle aufgebracht. Damit steht innerhalb der Produktionskette ein unverwechselbarer Fingerabdruck zur Verfügung. Dieser kann anhand von Bioanalysetests, die auch in Medizin und Forensik angewendet werden, einfach identifiziert werden.

Die Nutzung von DNA erlaubt es, unbegrenzt unterschiedliche Fingerabdrücke zu generieren. Durch die Einkapselung erhöht sich die Stabilität der DNA enorm. Die eingebauten DNA-Spuren können durch die gesamte Wertschöpfungskette vom Farmer bis zum Verbraucher verfolgt werden und so Herkunft und Authentizität sicherstellen sowie die Verarbeitung überwachen. Die Technologie wurde bereits in so verschiedenen Produkten wie Polymeren, Treibstoff- und Ölprodukten sowie wertvollen Mineralien angewendet.

Tag & Trace mit FibreTrace

Paul Stenning, Geschäftsführer von FibreMark Solutions Ltd, stellte FibreTrace als eine ‚End-to- End‘-Lösung zur Rückverfolgbarkeit vor. Bei FibreTrace, einem Verfahren zum Auffinden einer Fremdfaser, wird eine besonders konstruierte künstliche Faser in minütlichen Abständen während der Entkörnung unter eine bestimmte Baumwolle gemischt. Diese Art von Fremdfasern können auf allen Stufen der Verarbeitung verfolgt und identifiziert werden. Somit werden z. B. Herkunft, Identität und Reinheit einer gelieferten Baumwolle garantiert.

Die Baumwolle kann nach der Entkörnung jederzeit gescannt werden, um die Existenz von FibreTrace in der Baumwolle nachzuweisen. Durch FibreTrace ist es möglich nachzuverfolgen, wo die Baumwolle versponnen, gewebt, gefärbt und veredelt, zugeschnitten und vernäht und schluss­endlich im Einzelhandel verkauft wurde. Es ist möglich, bestimmte Merkmale, wie ökologische Herstellung, Herkunftsland oder weitere Attribute wie ‚Cotton made in Africa‘ zu quantifizieren, wenn FibreTrace in der Entkörnung hinzugefügt wurde. Der FibreTrace Scanner ist ein mobiles, tragbares Gerät, das Echtzeitergebnisse liefert und direkt mit einer Cloud verbunden werden kann.

Baumwolle aus zertifizierten oder verifizierten Programmen

Rückverfolgbarkeit ist insbesondere für zertifizierte oder verifizierte Baumwolle interessant. Heinrich Schultz, Geschäftsführer der OrganiMark Group, präsentierte das „Sustainable Cotton Cluster“ aus Südafrika. Ein Schlüsselfaktor dieses Projektes ist die Rückverfolgungsplattform für Baumwolle, die die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards mit der Unterstützung des Lieferkettenmanagements und der Rückverfolgbarkeit verbindet.

Damien Sanfilippo, Direktor für Standards and Assurance der Better Cotton Initiative (BCI), erläuterte die Kosten und Komplexität von physischer Rückverfolgbarkeit. Da sich BCI um pragmatische Lösungen bemüht, die Veränderungen in der Baumwolllieferkette bewirken, nutzt BCI wie auch andere Organisationen den Massenbilanz-Ansatz für die Rückverfolgbarkeit.

Mehr Informationen: https://baumwollboerse.de/konferenz/vortraege/

Auszug aus Bremen Cotton Report Nr. 31/32 - 16. August 2018.

Mehr Informationen unter www.baumwollboerse.de