23.04.25 – Anwenderforum „Smart Textiles“
Intelligente Textilien für Bau, Architektur und Mobilität
Beim Anwenderforum „Smart Textiles“ in Stuttgart präsentierten Hersteller, Anwender und Forscher verblüffende Beispiele für Anwendungen von Hightech-Textilien in Bau, Architektur und Mobilität.
Passend zu den Themen der Veranstaltung konnten die Teilnehmer am ersten Tag einen Blick hinter den Bauzaun des Bahnprojekts Stuttgart 21 werfen. Nach der Führung zog DITF-Vorstand Götz T. Gresser Parallelen zum Markt für smarte Textilien. Ebenso wie die Fertigstellung des Tiefbahnhofs entwickele sich das Marktpotenzial der intelligenten Textilien langsamer als prognostiziert. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es noch viel zu regeln gibt.
Normen sorgen für Qualität und Sicherheit
Normung war deshalb ein zentrales Thema bei den Vorträgen am zweiten Veranstaltungstag. Normen und Standards schaffen Vertrauen bei Anwendern. Sie senken die Fehlerquote bei der Konzeption und damit die Entwicklungskosten und helfen dadurch, Innovationen und neue technologische Entwicklungen in die Anwendung zu bringen. Durch eine konsequente Einhaltung von Normen können die Fehlerkosten zum Beispiel im Bau von derzeit geschätzt 11 % auf 5 % jährlich fallen, erläuterte Kristina Müller vom Deutschen Institut für Normung. Jan Beringer von der Hohenstein Group zeigte am Beispiel aktiv beleuchteter Warnschutzkleidung welche Hürden auf dem Weg zur Normung zu nehmen sind.
Neben Warnschutzausrüstung bietet Arbeitskleidung viele Möglichkeiten für smarte Funktionen. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen lassen sich Arbeitsunfälle nicht immer vermeiden, erläuterte Silke Rehm von der Firma
Adresys. Intelligente Kleidung kann dann automatisch einen Notruf absetzen und die Notfallabschaltung der Maschine auslösen.
Für die Überwachung und Qualitätssicherung der Materialien und textilen Flächen gibt es die passenden Prüfgeräte. Stefan Fliescher von Textechno präsentierte ein Gerät, das bisher ausschließlich an den DITF im Einsatz ist.
Mobilität im Fokus
Der zweite Vortragsblock stand im Zeichen von Mobilität: Beispiele waren textile Ideen für Flugkabinen der Zukunft von Diehl Aviation, punktgenaue und dadurch energiesparende Heizungen für Fahrzeuge von Köstler und kontaktlose Sensortechnik von Rotec, die erkennt, wann Faserseile ersetzt werden müssen.
Die Firma Erhardt stellt flexible, individuell zugeschnittene Aufbauten für Nutzfahrzeuge her. Sie sind besonders für die Logistik in Innenstädten geeignet und mit textiler Sensorik ausgestattet, z. B. für die Temperaturmessung oder die Ermittlung der optimalen Beladung. Die textilen Aufbauten bieten nicht nur textile Fläche für Design, sie können auch mit der Umgebung kommunizieren. Digitale Schriftzüge zeigen, wann das Fahrzeug den Weg frei gibt oder warnt Radfahrer großflächig vor dem toten Winkel beim Abbiegen. Nicht benötigte Module lassen sich falten oder platzsparend zusammenrollen.
Lösungen für den Klimawandel in Bau und Architektur
Im Anwendungsbereich Bau und Architektur sind u. a. Lösungen für den Klimawandel gefragt. Tec Knit entwickelte smarte Schattierungssysteme aus „Shape Memory“-Polymerfasern, die sich je nach Temperatur schließen oder wieder öffnen. Die Firma Optigrün setzt bei Gebäudebegrünungen auf smartes Regenwassermanagement. Textile Sensorik sorgt hier dafür, dass das Wasser optimal über die Fläche verteilt wird – digital gesteuert nach Wetterbericht.
Michael Schneider vom Smart Textiles Hub zeigte, wie auf Flachdächern angebrachte intelligente Gestricke Feuchtigkeit und Temperatur wahrnehmen, indem sie entsprechend zusammenziehen oder ausdehnen. So lassen sich z. B. auch Schäden durch Vereisung verhindern.
Christoph Riethmüller von den DITF erläuterte, dass sich der Ist-Zustand von Gebäuden durch Ereignisse immer wieder ändert. Der Charme smarter Textilien bestehe darin, dass sie sich an diese Veränderungen anpassen können. Auf diese Weise könne man eingreifen, bevor sich negative Folgen bemerkbar machen. Das spare eine Menge Energie. Beispielsweise verhindert das gezielte Beheizen von Wänden je nach relativer Feuchte das Auftreten von Schimmel bei geringem Energieaufwand. Intelligente Beschattungssysteme sorgen auch dafür, dass im Sommer die Räume ohne Klimaanlagen angenehm temperiert bleiben und dass im Winter die Wärme im Raum bleibt.
„Es ist in vielen Branchen nicht bekannt, wo überall Textilien neue Wege und Lösungen bieten können. Und noch weniger ist bekannt, dass diese Textilien auch smart sind“ betonte Professor Götz T. Gresser in seinem Schlusswort.
- Das nächste Anwenderforum „Smart Textiles“ findet am 4./5. März 2026 in Zeulenroda statt.