04.06.25 – Digitale Schuhproduktion

Erste Sandale aus dem 3D-Drucker

Eine Sandale, individuell geformt nach dem Fuß des Trägers, gefertigt im 3D-Druck, lokal, abfallfrei und ohne Einheitsgrößen – das britische Unternehmen Vivobarefoot stellt seinen ersten Prototypen vor.

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Mit der weltweit ersten vollständig digitalen Plattform für individuell angepasste Schuhe lassen sich Modelle entwickeln, die exakt auf jeden Nutzer abgestimmt sind. © Vivobarefoot

 
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Statt auf Massenproduktion setzt Vivobiome auf digitale Präzision, regenerative Materialien und ein Design, das den Fuß ins Zentrum rückt. © Vivobarefoot

 

Der menschliche Fuß ist ein hochkomplexes sensorisches System: Über 200.000 Nervenenden, 26 Knochen, 33 Gelenke und mehr als 100 Muskeln, Sehnen und Bänder arbeiten hier zusammen. Doch obwohl sich Körper, Bewegungsmuster und Lebensumstände unterscheiden, tragen die meisten Menschen industriell genormte Schuhe. „Das ist, als würde man versuchen, mit Standardbrillen zu sehen“, sagt Asher Clark, Mitgründer und Chief Design Officer von Vivobarefoot. „Wir behandeln Füße, als wären sie alle gleich – und wundern uns über Schmerzen, Haltungsprobleme oder eingeschränkte Mobilität.“

Vivobarefoot möchte mit der Einführung der Tabi Gen 01 Sandale genau hier ansetzen: Weg vom Abfall, hin zu einem System, das funktional und kreislauffähig ist – „fit for the future“. Um Schuhe in der Zukunft nicht mehr in Seriengrößen zu produzieren, setzt das Unternehmen auf einen radikal modernen Ansatz: Ein digitaler 3D-Scan ersetzt das Lineal, der 3D-Drucker das Fließband. Jedes Modell wird individuell gefertigt – lokal, ressourcenschonend und rückverfolgbar. Vivobarefoot möchte mit der Tabi Gen 01 Sandale somit den nächsten großen Schritt in der Schuhindustrie ebnen; beginnend mit einem einzigen Scan.

Der menschliche Fuß als Maßstab

Was nach Zukunftsmusik klingt, ist in Vivobarefoots neuer Mikro-Fabrik in London bereits Realität. „Die Idee hinter Vivobiome ist nicht neu – aber in dieser Konsequenz technologisch erstmals umsetzbar“, erklärt Clark. Ein präziser 3D-Scan bildet den Ausgangspunkt: Er erfasst Form, Struktur und Haltung des Fußes millimetergenau und liefert die Daten, aus denen das digitale Design entsteht. Mithilfe von SLS-Druckverfahren (Selective Laser Sintering) wird das Modell anschließend in der lokalen Mikro-Fabrik gefertigt – ganz ohne Abfall oder Lagerhaltung. Die verwendeten Materialien sind biobasiert, langlebig oder vollständig recycelbar.

„Die neu entwickelte Tabi-Sandale erlaubt eine unabhängige Bewegung der Großzehe – ein zentrales Element in der Biomechanik des Gehens“, so der Vivobarefoot-Gründer. „Diese scheinbar kleine Veränderung verbessert die natürliche Stabilität und stärkt die Fußmuskulatur“, führt er weiter aus. Statt unnatürlicher Dämpfung setzt Vivobiome auf natürliche Kraft, Flexibilität und ein intensiveres Gefühl. Das sorgt für ein barfußnahes Geherlebnis, das die natürliche Fußentwicklung fördert, das Gleichgewicht stärkt und Fehlstellungen vorbeugt. Traditionelle Einheits-Flipflops hingegen nennt Clark „ein Desaster für die Füße – lose Riemen, schlechter Halt, überhängende und unbewusst angespannte Zehen. Sie arbeiten gegen den Körper, nicht mit ihm.“

Neue Wege der Schuhproduktion

Was als Sandale beginnt, ist in Wahrheit der erste Baustein eines ganzen Ökosystems. Vivobiome verbindet Technologien aus der Spieleentwicklung (Unreal Engine 5), biomechanische Datenerfassung, KI-basierte Verarbeitung und medizinische Forschung zu einem zirkulären System für natürliche Bewegung. Parallel zur Markteinführung startet in London das Vivobiome Health Lab – eine Plattform für interdisziplinäre Forschung rund um digitale Gesundheit, personalisierte Produkte und regenerative Materialzyklen. Erste Pilotstudien mit verschiedenen Universitäten, wie der „School of Health“ an der Leeds Beckett University, untersuchen dabei den Einfluss der maßgeschneiderten Schuhe auf Muskelentwicklung, Haltung und psychisches Wohlbefinden. „Unsere Vision ist nicht ein einzelnes Produkt, sondern ein neues Betriebssystem für Schuhe“, sagt Clark. „Ein System, das lokal funktioniert, auf individuelle Daten reagiert – und mit jedem Schritt dazulernt.“ Die integrierte KI analysiert dabei fortlaufend neue Scan-Daten und Nutzerfeedback – sowohl individuell, um die Passform für jeden einzelnen Träger weiter zu optimieren, als auch kollektiv, um das gesamte System intelligenter und präziser zu machen. So wächst mit jedem Scan auch das Verständnis für natürliche Bewegung und funktionales Design.

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